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Ich leide unter meinem eigenen Perfektionismus
21.03.2009 02:33 |
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Es gibt ein Problem in meinem Denken, das mir das Leben langsam unerträglich zu machen zu droht. Es ist mein Perfektionismus, und so harmlos das auch klingen mag: ich leide unheimlich darunter und er nimmt immer krassere Formen an. Dabei habe ich das Problem längst als solches ausgemacht. Die Schwierigkeit liegt also nicht im Erkennen / logischen Nachvollziehen dieser schrecklichen Eigenschaft, sondern darin, dass es mir unmöglich erscheint, gegen den Perfektionismus anzukämpfen.
Ich will nur ein paar Beispiele nennen, um euch das Außmaß klarzumachen, die das Ganze mittlerweile angenommen hat:
1) Ich habe das Klavierspielen als Kind aufgehört, weil eine Taste ein klein wenig (für "gesunde" Leute wohl gar nicht wahrnehmbar) geklappert hat.
2) Ich habe mir vor etwa drei Jahren ein Fahrrad gekauft, das ich bis heute nicht nutze, weil ich unzufrieden mit dem Abstand Sattel-Lenker war.
3) Ich habe eins meiner Bücher verschenkt, weil der Coverdruck leicht schief war.
4) Ich habe meine ehem. Homepage aufgegeben, weil ich mehr Zeit mit feinen Layout-/Designanpassungen verbracht habe als mit dem Inhalt.
5) Ich habe ein Computerlenkrad zurückgegeben, weil das Lenkrad nicht ganz perfekt zentriert war (was nicht einmal bei echten PKWs der Fall ist).
6) Ich habe eine Kamera zurückgegeben, weil das Display nicht perfekt gerade eingebettet war.
7) Ich habe eine weitere Kamera zurückgegeben, weil ein Knopf nicht so wie die anderen "geklickt" hat.
Ich konnte mich nie mit meinem Sofa anfreunden und benutzte es nicht, weil der linke Teil der Sitzfläche mehr nachgab als der rechte, der mir etwas härter erscheint.
9) Ich bilde mir ein, dass eine meiner Soundboxen womöglich mehr rauscht (Hintergrundrauschen) als die anderen und stehe dann ganz nah vor diesen Boxen und laufe von einer zur nächsten, um zu prüfen ob ich mit diesem Eindruck wirklich Recht habe.
10) Heute bekam ich ein Hardcover-Buch (über Pharmakologie u. Toxikologie), das ich mir bestellt hatte, und musste wie immer zwanghaft prüfen, ob die Seiten (bzw. die erste und letzte Seite) hoffentlich nicht leicht schräg auf das Hardcover geklebt sind. Dabei habe ich die Abstände zwischen den Rändern der vorne und hinten auf das Cover aufgeklebten (ersten und letzten) Seiten zum oberen bzw. unteren Ende des Hardcovers mit einem Lineal abgemessen. Leider sind sie es und ich bin deswegen so unzufrieden, dass sich wie immer eine innere Abneigung gegenüber dem gesamten Buch (in seiner "Unvollkommenheit") in mir entwickelt hat, sodass ich am liebsten den Kontakt zu dem Buch ganz vermeiden würde. Wenn ich es jetzt in die Hände nehme, ist ein konzentriertes Lesen fast nicht möglich, weil ich im Hinterkopf immer an die "schlechte" Bindung denken muss.
11) Ich habe einen Monitor zu Weihnachten geschenkt bekommen und suchte natürlich erst einmal nach Macken. Als ich leichte Abweichungen in der Ausleuchtung festgestellt hatte, habe ich ihn umgetauscht.
12) Der neue Monitor (den ich mir selber gekauft habe) ist drehbar. Die Verbindung von Fuß und Monitor ist aber nicht ganz perfekt, sodass ich den drehbaren Arm für eine auf 0,0 Grad gerade Ausrichtung des Bildschirms vielleicht um ein Grad weiter drehen muss, als wie er in seiner idealen Position wäre, in der er zu der hinteren Kante der "Bodenplatte" (auf die der "Arm" montiert ist) perfekt parallel stünde. Ich suchte nach Fehlern, die einen Reklamationsgrund darstellen könnten, und auch hier fand ich, dass die Ausleuchtung nicht perfekt homogen ist. Der Umtauschprozess ist gerade im Gange.
13) Es verging über ein Jahr, bis ich endlich das Malset auspackte, das ich zu vorletztem Weihnachten geschenkt bekommen hatte.
14) Ich habe für die Anfertigung meiner Facharbeit ein riesengroßes Zeitpensum benötigt, um meinen eigenen Ansprüchen genügen zu können. (Das Erzielen einer guten Note war zweitrangig.)
15) Beim Ausdrucken der Facharbeit hat der Drucker gestreikt. Allerdings wollte ich nicht auf unseren zweiten Drucker im Haus ausweichen, weil er nicht genauso druckt (leichte Kontrastunterschiede, die nur bei genauem Hinsehen auffallen) wie der andere.
16) In Schularbeiten v.a. in den Fächern Englisch und Deutsch bringt mich mein Perfektionismus dazu, mich an einzelnen Formulierungsfragen (Verwenden auch ungeläufiger Vokablen etc.) aufzuhängen, sodass mir am Ende die Zeit für die letzten Aufgaben fehlt. Ein Beispiel aus Deutsch: Klausur mit dem Thema "Gedichtsvergleich" -> ich brachte gerade die Analyse des ersten Gedichts fertig, ohne das zweite auch nur teilweise behandelt zu haben, von einem letztendlichen Vergleich ganz zu schweigen. Die Lehrer finden es schade, dass ich das "offensichtliche Potential" aufgrund meines Arbeitsgeschwindigkeitsdefizits nie verwirklichen kann und ich stattdessen unterpunkte.
Das sind nur wenige Beispiele, mir würden noch viele mehr einfallen. Jeder neue "Mangel", den ich an irgendetwas feststelle, bewirkt immer auch eine Abneigung gegen das betroffene Objekt bzw. die komplette Abstoßung dessen. Meine Selbstqual erfährt so die Ergänzung um ein weiteres Element. Meine Unzufriedenheit wird weiter erhöht.
Mit gebrauchten Sachen habe ich übrigens NIE auch nur irgendwelche Probleme in dieser Art gehabt, mit ihnen konnte ich mich schon immer anfreunden.
Wichtig zu erwähnen ist außerdem die Tatsache, dass das Problem schon in meiner frühesten Kindheit (Kindergartenalter) bestand: sobald meine Hosen gewaschen worden waren, wollte ich sie nicht mehr anziehen, da sie mir nun unbequem erschienen, sie haben nicht mehr gepasst. Ein weiteres Beispiel aus früher Kindheit: vor jedem Schlafenlegen musste die Bettdecke perfekt ausgerichtet werden, sodass die Enden der Decke genau auf den Enden der Matratze lagen. Auch das obere Ende war in seiner Position genau bestimmt und musste immer an meiner Brust liegen.
Mein Perfektionismus zermürbt mich innerlich immer mehr. Ich verschwende unwahrscheinlich viel Zeit mit Reklamationen und dem Überprüfen von Dingen, die mir nicht perfekt erscheinen. Ich mache mich selbst fertig, bin total unzufrieden, sobald ich mich in meinem Zimmer mit all seinen Unvollkommenheiten befinde. Nur in der Natur kann ich mich von diesen quälerischen Gedanken entfernen.
Dabei bin ich durchaus ein selbstbewusster Mensch ohne Selbstwertsdefizite, auf die (wie ich eben herausgefunden habe) eine solche Störung quasi als Projektion des eigenen degenerierten Selbstwertgefühls auf die Außenwelt oft von Psychologen zurückgeführt wird.
Dass ich mich erst jetzt dazu überwinden konnte, mein Problem anderen (also euch) mitzuteilen, macht mir selbst auch den Schweregrad von letzteren bewusst. Denn ich war immer ein Mensch, der nicht viel von irgendwelchen Hilfsgängen zu Psychologen oder dergleichen hielt. Stattdessen war ich bislang der festen Überzeugung, alles alleine lösen zu können, solange man nur den Willen dazu hat.
Ich habe versucht, in "Sachmängeln" etwas Positives zu sehen, indem ich sie als eine Art Kennzeichen zu betrachten versuchte. Ich habe auch probiert, in Arbeiten nicht auf Genauigkeit und möglichst perfekte Ausformulierung zu achten, stattdessen inhaltlich alle Aufgaben zu erledigen. Aber dieses Vorhaben konnte ich nie ansatzweise umsetzen.
Es ist wie ein übermächtiger Zwang, der mich daran hindert, anders zu empfinden und zu handeln, ein Zwang, der meine Vernunft unterdrückt, die zwar vorhanden ist und mir sagt "Siehst du nicht, wie lächerlich dein ganzer kleinlicher Perfektionismus ist? Siehst du nicht, was du dir selbst damit antust?", aber die vollkommen untergraben wird, wenn es um den Versuch der Umsetzung geht. Dieser Zwang ist sehr gut vergleichbar mit einer drogeninduzierten Paranoia (wie ich sie einmal auf Cannabis erlebt habe), die einen in Panik geraten lässt, trotzdem man sich der Tatsache bewusst ist, dass das, was man erfährt, pure Einbidlung ist.
SweetPrettyMuthaFuckinCountryAcidHouseMusicAllNightLong
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Hansi unregistriert
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Zitat: |
Links-Zwo-Drei-Vier-Fünf bis Sechs
Wer 'n Riecher für die Kacke hat, der rümpft ihn jetzt
Wem ich's auch erzähl, jeder schimpft entsetzt
"Was soll das, dass du alles nur so gründlich checkst?"
Sie lachen mich aus, sie nennen es Kontrollzwang
Scheint als ob mich solche Leute ständig verfolgt ham
Sie halten mich fest, sie bringen mich zum Stolpern
Um mich mit ihrem Gottvertrauen lebendig zu foltern
Meins reicht grad so weit wie ich euch werfen kann
Und falls einer mehr verlangt, liegen meine Nerven blank
Herrschaftszeiten, ihr könnt mir glauben
Ich brauch keine Menschenkenntnis, ich hab Röntgenaugen
Und solang' über der Stadt mein Helikopter fliegt
Mit Abhhöranlage und mit Teleobjektiv
Solang' bin ich gewappnet, komme was wolle
Solang' hab ich die - was? Die volle Kontrolle)
REFRAIN:
Ich wollt' schon immer mal die Fäden ziehn
Volle Kontrolle ham, alles und jeden sehen
Ich konnt' noch nie so gut daneben stehen
Um die volle Kontrolle soll sich mein Leben drehen
Ich brauch die volle Kontrolle (Die volle Kontrolle)
Gib mir die volle Kontrolle (Die volle Kontrolle)
Ich brauch die volle Kontrolle (Die volle Kontrolle)
Gib mir die volle Kontrolle (Die volle Kontrolle)
Ich hab ja auch mal klein angefangen
Und bin an das Thema ganz allein rangegangen
Hab Mutters Herdplatten observiert
Auf das die Eieruhr ihren Job verliert
Fernbedienung, Autoschlüssel, Lesebrillen
Der Kontrolleur sucht und erfüllt jeden Willen
Und solltest du mich erstmal am Hals haben
Überprüf ich auch dein' Kühlschrank auf Verfallsdaten
Bist du länger als zwei Stunden nicht mehr zu Haus
Nehm ich alle Stecker und die Sicherung raus
Du hältst es vielleicht für übertrieben und prall
Doch ich flieg überschall zum Satelliten ins All
Ohne irgendwas von der Bedienung zu schnallen
Find ich an dem Kontrollding mal wieder Gefallen
Das ist erst der Anfang - je oller je doller
Alles was ich brauch ist (Die volle Kontrolle)
REFRAIN
(Ich hab die volle Kontrolle)
(Ich hab die volle Kontrolle)
(Doch wer kontrolliert die?)(Kontrolle)
Ich hab die volle Kontrolle von hunderten Wanzen
Ein Fundament aus Kameras unter dem Ganzen
Ihr könnt euch ruhig darunter verschanzen
Ich krieg' euch alle weil ihr jetzt 'n Grund habt zum Tanzen
Und wenn du noch so'ne Miesmuschel bist
Und Kontrolle für dich nicht mehr als dein Schließmuskel ist
Dann beweg dein Kreuz und roll mal ne Jolle
Trink 'n Bier und verlier (Die volle Kontrolle) |
Eigentlich wollte ich ja jetzt das Youtube-Video dazu posten, aber da gabs das Lied nur einmal und das hatte ne saumäßige Qualität, ansonsten is Nobody noch immer nich perfect und @Arne würde jetzt bestimmt was über autistische Züge erzählen oder so.
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"Verzetteln bei Tätigkeiten" ist sowohl ein mögliches Symptom bei ADS bei Erwachsenen wie auch bei Depressionen lt. ICD-10, wenn ich mich recht entsinne.
Autismus gehört da afaik nicht dazu.
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du zählst da nur gegenständliche beispiele auf.
bist du denn mit dir selbst zufrieden, oder gehst du z.b. nicht ausser haus, bevor die haare perfekt sitzen?
es gibt soviele arten von zwängen.. manche waschen sich etliche male am tag aus angst vor keimen und bakterien. andere schließen die tür exakt 10x ab. jede tür.
aber wenn du es jetzt "nur" mit dingen aus deinem alltag zu tun hast, die du daraufhin überprüfst, inwiefern sie perfekt sind, klingt das für mich wie etwas, das du erlernt hast und auch wieder verlernen kannst.
vielleicht legst du dir einfach mal etwas zu, dass absichtlich ganz und gar nicht perfekt ist. und das stellst du dann gut sichtbar ins zimmer und rührst es einen ganzen tag lang nicht an, wirfst aber immer wieder einen blick darauf während du dir sagst "diese sache da ist nicht perfekt, aber es kann nicht alles perfekt sein".
vielleicht ist es auch deine ansicht, wie perfekte dinge auszusehen haben. das ist definitiv etwas erlerntes. du hast deine ganz eigene definition von einer perfekten sache. für jemand anderem wäre eine sache eventuell auf andere weise perfekt.
das trifft wahrscheinlich nicht auf dinge zu wie dejustierte bildschirme. aber buchcover können zwecks individualität absichtlich schräg sein. und was die homepage angeht - da habe ich mich auch lange zeit nur mit dem äußerlichen beschäftigt, und es hat mir spaß gemacht, zuzusehen, wie es immer besser wurde, während sich um den inhalt glücklicher weise jemand anderes gekümmert hat.
ich glaube im übrigen, gewisse zwänge und ticks haben wir alle irgendwie. es ist eher eine frage der ausprägung.
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RE: @deep7
21.03.2009 16:09 |
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Zitat: |
Original von quaid
du zählst da nur gegenständliche beispiele auf.
bist du denn mit dir selbst zufrieden, oder gehst du z.b. nicht ausser haus, bevor die haare perfekt sitzen? |
Soetwas tue ich nicht, nein. Ich erfülle nicht das typische Bild, das von "Perfektionisten" oft vermittelt wird. Mit mir selbst habe ich absolut keine Probleme, mein Zimmer ist außerdem recht unaufgeräumt, ich zähle keine Sachen ab.... auch meine Hausaufgaben müssen nicht perfekt sein bzw. ich strebe dieses Ziel nur selten (wenn, dann richtig, ansonsten sind die Hausis oft Zweizeiler) an. Alles ist immer eine Sache meiner eigenen Maßstäbe: hat für mich etwas einen besonderen Wert (wie das neue Buch z.B.), muss es perfekt sein - ich suche dann förmlich nach Fehlern (und kann das auch nicht sein lassen). Dinge wie mein Outfit (das aber auf jeden Fall bequem sein muss) oder die Ordnung in meinem Zimmer sind mir dagegen relativ unwichtig. Meine Mutter kann übrigens unheimlich über einen kleinen Kratzer im Sofa oder Parkett aufregen - soetwas würde mich nicht großartig stören, ich würde einem solchen kleinen Kratzer gar keine Beachtung schenken.
Zitat: |
Original von quaidaber wenn du es jetzt "nur" mit dingen aus deinem alltag zu tun hast, die du daraufhin überprüfst, inwiefern sie perfekt sind (...) |
Genau so ist es.
Zitat: |
(...) klingt das für mich wie etwas, das du erlernt hast und auch wieder verlernen kannst. |
Schön wäre es. Aber wenn ich mir ernsthaft überlege, das gleiche Buch wegen dieser Nebensächlichkeit noch einmal zu bestellen, und es kostet immerhin 85 Euro, um bloß mein Unglück zu beseitigen, dann sehe ich selbst, dass ein Verlernen auf eigene Faust kaum oder nur sehr schwer möglich sein wird. Oder wenn ich in Gedanken den Plan schmiede, meine neue Hose verschwinden zu lassen, weil ich mir einbilde, sie müsse etwas länger sein (tatsächlich hat sie wohl eine sehr gute Länge, aber ich hatte schon immer einen "Lieber zu lang als zu kurz"-Tick), um dann meiner Mutter zu erzählen, ich hätte sie beim Training vergessen und sie wäre jetzt weg.... dann begreife ich selbst, dass ich ein ernsthaftes Problem habe, bei dem es mit persönlicher Einsicht allein lange nicht getan ist. Etwas steuert mich und triumphiert immer wieder über meinen Verstand, der mich zunehmend mich selbst verabscheuen lässt, der mich gern so auslachen würde, wie es meine Eltern tun, wenn ich wieder etwas umtausche oder zurückgebe. Aber dieses Gelächter, das ich mittlerweile sogar von meiner Verwandtschaft abbekomme, kränkt mich total. Ich weiß doch selbst, dass ich ein gewaltiges Problem habe, und von den anderen erhalte ich statt Beistand nur Gelächter oder ich werde von meinem Vater nur noch angebrüllt, ich sei doch krank.
Zitat: |
vielleicht legst du dir einfach mal etwas zu, dass absichtlich ganz und gar nicht perfekt ist. und das stellst du dann gut sichtbar ins zimmer und rührst es einen ganzen tag lang nicht an, wirfst aber immer wieder einen blick darauf während du dir sagst "diese sache da ist nicht perfekt, aber es kann nicht alles perfekt sein". |
Den Gedanken hatte / habe ich auch. So will oder würde ich das neue Buch gerne und ganz nach der Idee "similia similibus curentur" als einen notwendigen "Eingriff des Schicksals" begreifen, der mir helfen kann, meinem inneren Konflikt nicht länger durch die Fortsetzung der langen Kette an Umtäuschen und dergleichen - überhaupt durch das bewusste Verdrängen dieses schrecklichen Dilemmas - aus dem Weg zu gehen, sondern es als solches zu begreifen / anzunehmen. Durch ein "Weitermachen wie bisher" beseitige ich lediglich die Symptome und gelange nie an den inneren Konfliktherd, der die Wunde immer wieder aufs Neue aufklaffen lässt. Ich muss mein Verhalten als die Überflüssigkeit, ja bodenlose Dummheit begreifen lernen, die es ist. Ich würde das Buch gerne lieben lernen, indem ich sein unperfektes Äußeres als ein Zeichen auffasse, das ich bekommen MUSSTE. Tatsächlich hat es das sprichwörtliche "Fass" zwar nicht zum Aufbrechen, aber immerhin zum Überlaufen gebracht, sodass ich erstmals über mein Problem, das mir bisher selbst so peinlich war und immer noch ist, "öffentlich" auszuspreche (wenn auch nur in einem Internetforum). Das erste Mal bin ich mit meinem Problem so sehr konfrontiert worden, wie ich es wohl nötig hatte, um mein innerliches Leiden nicht mehr zu unterdrücken und weiter auszuschweigen. Bisher schien mir ein Leben damit noch erträglich. Jetzt habe ich immerhin begriffen, dass ein "Verdrängen" wie bisher keinen Nutzen hat, dass die Probleme dadurch nur ins Unermessliche angestaut weden würden, und dass ich an keinem Tag in meinem Leben so wirklich glücklich werde sein können.
Ich mache mir oft Gedanken darüber, mit was ich mich eigentlich herumplage. Ich denke dann an die Menschen, die im Krieg aufwachsen mussten / müssen, die jeden Tag um ihr Überleben zu kämpfen haben, die nie eine Chance in ihrem Leben hatten, und dann sehe ich mich daneben, der ein Leben so ohne Ecken und Kanten hat, der überhaupt das Geld und die Zeit dafür hat, sich mit einem solchen Buch zu beschäftigen und der sich selbst Probleme wie dieses schafft, die in keinem Verhältnis zu jenen solcher Menschen stehen. Dafür hasse ich mich selbst, ja ich könnte mich umbringen dafür.
Und ich sehe, dass, wenn es kein Geld, keinen Besitz gäbe, ich auch kein solches Problem hätte. Wieso komme ich so gut mit Second-Hand-Sachen aus, aber nicht mit solchen, die ich mir selbst erstanden habe und auf die ich doch so stolz bin? Weil ich denke: "Das gehört mir, und ich habe viel Geld dafür bezahlt, es muss also entsprechend perfekt sein. Dieses Buch habe ich mit Sorgfalt ausgesucht und hat einen hohen Wert für mich."
Wenn ich mir vorstelle, ich hätte die 85 EURO nicht in das Buch investiert, sondern sagen wir in Katzenstreu und -futter für unsere Katze, stattdessen hätte sich meine Mutter eben dieses Buch zugelegt und ich hätte es für mich entdeckt: das Problem würde nicht existieren, ich hätte gar nicht nach Fehlern geschaut.
Dinge müssen bei mir also nur perfekt sein, wenn sie "mein Eigentum" sind. Diese Idee ist scheinbar - und ich weiß nicht, weshalb - tief in mir verwurzelt.
Die Antriebe, die ich selbst als Ursache meines Verhaltens betrachte, sind also auch noch allesamt Motive, die absolut egoistisch sind, Motive, die mir eigentlich zutiefst zuwider sein sollten und im Grunde auch sind.
Das nicht perfekt ins Cover eingepasste Buch würde ich dabei so gern gegen irgendein Mängelexemplar eintauschen, das z.B. einen dicken Farbklecks auf dem Cover hat. Das würde mich komischerweise kaum stören, Hauptsache es ist nicht schräg eingeklebt.
Du hast also vollkommen Recht, wenn du sagst:
Zitat: |
vielleicht ist es auch deine ansicht, wie perfekte dinge auszusehen haben. das ist definitiv etwas erlerntes. du hast deine ganz eigene definition von einer perfekten sache. für jemand anderem wäre eine sache eventuell auf andere weise perfekt. |
Auch deine nächste Idee ist für mich nicht neu:
Zitat: |
aber buchcover können zwecks individualität absichtlich schräg sein. |
Und ich habe diesen Hilfsgedanken schon oft und auch erfolgreich einsetzen können, wenn irgendwo etwas fehlerhaft war. Ich habe mir gesagt: "Das zeichnet es als Deines aus."
Nur greift dieser Hilfsgedanke nicht überall, auch nicht bei dem schief eingepassten Buch.
Aber wahrscheinlich ist es tatsächlich gut so, wie es gekommen ist, denn auch solche Hilfsgedanken sind kaum ein Mittel zur langfristigen Überwindung des vorhandenen inneren Problems.
Dieser Beitrag wurde 7 mal editiert, zum letzten Mal von deep7 am 21.03.2009 16:35.
SweetPrettyMuthaFuckinCountryAcidHouseMusicAllNightLong
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Ja, also bei den von mir oben genannten Formen von psychischen Belastungen wie ADS oder Depression gibt es i.d.R. Möglichkeiten, diese durch Verhaltenstherapie (oder bei ADS auch medikamentös) zu behandeln und zu verändern.
Hast Du mal überlegt, diesbezüglich einen Therapeuten aufzusuchen???
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Zitat: |
Original von Arne Reload
Ja, also bei den von mir oben genannten Formen von psychischen Belastungen wie ADS oder Depression gibt es i.d.R. Möglichkeiten, diese durch Verhaltenstherapie (oder bei ADS auch medikamentös) zu behandeln und zu verändern.
Hast Du mal überlegt, diesbezüglich einen Therapeuten aufzusuchen??? |
Naja auf ADS wurde ich mal diagnostiziert, hab sogar noch meine erste (und letzte) Packung Medikinet (Methylphenidat) rumliegen, aber das hat mit der Sache gar nichts zu tun bzw. ich glaube nicht, dass ich je ADS hatte oder habe, sondern dass mein eigentliches Problem schon immer im Perfektionismus lag. Soll heißen: wenn man sich nicht gegen eine ADS-Diagnose sträubt, bekommt das wohl jeder diagnostiziert, wenn er gerade lustig ist.
Ich weiß nicht, wie du überhaupt auf ADS oder Depressionen kommst.
Zitat: |
Original von Yog-SothothHm...klingt für mich ein wenig so als ob du wahnsinnig hohe Anforderungen an dich selbst stellst, deep7 (naja, "Perfektionist" eben): Du hast die Entscheidung getroffen, dir etwas bestimmtes anzuschaffen, mit dem Anspruch dass es so ist wie du es dir vorgestellt hattest. Und wenn es dann nicht so ist machst du dir Vorwürfe, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben, und versuchst diese wieder zu korrigieren.
Geht das ungefähr in diese Richtung, oder liege ich da eher falsch? |
Damit triffst du es sehr gut.
SweetPrettyMuthaFuckinCountryAcidHouseMusicAllNightLong
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Ich finde es beängstigend, dass ich doch im Grunde selbst erkenne, dass mein Verhalten alles andere als normal ist, dass mir der Sinn für das Wesentliche fehlt, dass ich doch eigentlich ganz unbekümmert über winzige Mankos hinwegsehen könnte, wie es jeder andere Mensch auch tut.
Aber ich kann mir noch sooft sagen: "Du machst dich mit deinem absolut lächerlichen Verhalten nur selbst unglücklich. Du bist doch bescheuert, dass du dich überhaupt mit solchen Dingen aufhältst. Du hast vielleicht Probleme." - es hilft nichts!
Ich selbst belustige mich ja gern über die Macken anderer Menschen, die mir vollkommen unverständlich erscheinen, und begreife nicht, wie sich jemand über sowas so sehr aufregen kann. Ich stempele solche Menschen dann gerne als "nicht ganz normal" ab, ja ich halte sie auch einfach für "dumm".
Vielleicht besteht ja in der alleinigen Beschäftigung mit dem Problem, und einer wirklichen persönlichen Auseinandersetzung mit diesem bin ich wohl viel zu lange aus dem Weg gegangen, auch ein erster Schritt auf dem Weg zur Besserung. Ich hoffe es.
SweetPrettyMuthaFuckinCountryAcidHouseMusicAllNightLong
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Zitat: |
Original von deep7
Naja auf ADS wurde ich mal diagnostiziert, hab sogar noch meine erste (und letzte) Packung Medikinet (Methylphenidat) rumliegen, aber das hat mit der Sache gar nichts zu tun bzw. ich glaube nicht, dass ich je ADS hatte oder habe, sondern dass mein eigentliches Problem schon immer im Perfektionismus lag. Soll heißen: wenn man sich nicht gegen eine ADS-Diagnose sträubt, bekommt das wohl jeder diagnostiziert, wenn er gerade lustig ist.
Ich weiß nicht, wie du überhaupt auf ADS oder Depressionen kommst.
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Naja, weil das eben so eine wissenschaftliche Definition ist und ich das eben aus eigener Erfahrung her kenne. Solche Verzettelunsaktionen habe ich auch dann gehabt, wenn ich aus welchen Gründen auch immer zur Depression neigte. Und dass das die Betroffenen als Hang zum Perfektionismus wahrnehmen, ist auch nix außergwöhnliches.
Ob ADS z.B. ein Konstrukt ist, dass nur normale Syptome katalogisiert als krankhaft oder ob es das nicht ist, ist dabei auch irrelevant. Auch, wenn Du nur die Symptome behandeln willst, wird Dir nicht viel helfen als eine Verhaltenstherapie, die das Verhalten bei Dir einschränkt, dass Dir den Leidensdruck bereitet.
'Ne andere Möglichkeit wäre natürlich, dass Du einfach lernst, Dich so zu akzeptieren, wie Du bist.
Ich sehe auch bei allen von Dir beschriebenen Symptomen eigentlich keines, was wirklich ein Problem in Deinem Leben darstellen könnte.
Ich kann auch nicht Klavierspielen, vernünftig Rad fahren, habe schon einige Bücher verschenkt, weil ich keinen Platz mehr dafür hatte, habe kein Computerlenkrad, keine Kamera, keine Soundboxen, habe auch schon -zig Sachen umgetauscht, die einfach Scheiße waren und habe mir meine Englischklausuren und -hausaufgaben von einem Freund schreiben lassen, der ein Jahr in den Staaten war und deshalb sehr gut das ganze konnte (Habe daür seine Matheklausuren geschrieben).
Naja, und ich bin eigentlich ganz zufrieden mit meinem Leben ohne Klavier, Radfahren, Computerlenkrädern, Kameras und selbstgeschriebenen Englischklausuren.
Erzähl' mal das Problem, dass Du hast, wenn Du sowas nicht hast!!!
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Arne Reload am 23.03.2009 04:09.
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Was mir gerade noch einfällt:
Viele der von dir genannten Problemfälle entsprechen dem folgenden Schema:
- Anschaffung
- Zwanghaftes Überprüfen, ob etwas nicht stimmt (und wer suchet, der findet)
- Unzufriedenheit
Mir fallen da 4 Möglichkeiten ein, damit umzugehen:
1) Nicht so viel anschaffen, mit dem du wahrscheinlich unzufrieden sein wirst
2) Dem Drang widerstehen, alles nach dem Kauf haargenau auf Fehler zu überprüfen (mit Lineal nachmessen etc.)
3 ) Eine Möglichkeit finden, "nicht perfekte" Dinge zu akzeptieren
4) Nichts ändern
1) und 2) helfen dir, die Anzahl der Problemfälle zu reduzieren, aber um komplett zu vermeiden dass es zur Unzufriedenheit kommt brauchst du 3), oder du gibst dich mit 4) zufrieden.
...wie gesagt, das sind die Möglichkeiten die mir gerade einfallen, es kann da noch weitere geben.
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Evtl. ist eine geringere Reizübeflutung auch schon eine Möglichkeit.
Ich denke z.B., dass man bei der Beschäftigung mit einigen Sachen dem Drang zum Perfektionismus eine Grenze setzt. Z.B. Mathematik ist imo da eher geeignet als Deutsch, Englisch oder Musik.
Eine mathematische Aufgabe, die nicht gerade an den Grenzen der Axiome wie Unendlichkeit oder ähnliches arbeitet, ist einfach zu lösen. Da muss nichts mehr perfektioniert werden. Es gibt richtig oder falsch. Dazwischen nix.
Ich würde evtl. mal empfehlen, Dich zeitweise allein auf solche Sachen zu konzentrieren, die eben keine großen Entscheidungsfreiheiten zulassen. Sport, zumindest der, der ausschließlich mit objektiven Sachen mißt, wie z.B. mit Zeit, könnte auch noch eine gute Beschäftigung sein, bei Streckenläufen oder Streckenschwimen zählt meistens nur die Zeit, das ist das einzige Kriterium, dafür braucht man auch keine großen Fragen zu stellen, ob man da was perfekter machen kann. (Mannschaftssport ist genau das Gegenteil, davon wäre abzuraten!)
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Hm.... Ich denke in diesem Fall hilft kein "Stück für Stück" da heraus, sondern nur ein wirklicher Umbruch.
Dein von dir irgendwann erstelltes oder verinnerlichtes Denkschema scheint dich zu "beherrschen".
Dabei darfst du nie vergessen: Das Schema kommt nur aus dir, das heißt nur du allein kannst aus dem Schema herausbrechen.
Würde deswegen irgendetwas machen, was als Bruch mit dem alten und Neuanfang in Sachen "Weltbild" und "Innenleben", "Gedankenleben" funktioniert.
Beispielsweise (wenn es ein wenig wärmer ist) mal einfach ein Wochenende in den Wald gehen- dort findest du keinerlei "symmetrische" Ansprüche, es ist eigentlich das reinste Chaos im Wald- und doch ist es so lebendig im Gegensatz zu starren, künstlichen Ordnungs-Vorstellungen.
Es wurde zwar schon gesagt, aber: Ordnung ist etwas durch und durch subjektives. Wenn meine Mutter sagt: Dein Zimmer ist unordentlich, dann tut sie das, weil sie "Ordnung" als "Schreibtisch frei,..." definiert.
Für mich ist es aber die beste Ordnung, es erfüllte alle Funktionen, die ich an es stelle: Ich finde alles, es ist eine lockere Atmosphere, manchmal inspiriert es,....
Setzt dich nich unnnötig unter Druck- die Leistungsgesellschaft tut das schon genug.
Versuche einmal in dich zu gehen und zu überlegen, was dir wirklich wichtig ist - so ein Ziel kann auch helfen, einen besseren Halt zu finden als ein Denk-Schema.
Generell: Versuche Halt in sich veränderndem zu finden. Ich könnte mir vorstellen, dass der Halt auch in anderen Mitmenschen noch fester sitzen kann, sodass sich nicht an "perfektionistischen" Vorstellungen festgehalten werden muss.
Was vielleicht auch helfen könnte ist Meditation: Konzentration auf das eigene Selbst, anstatt auf äußerliche Dinge. KOnzentration auf Mitmenschen, nicht auf tote Objekte.
Oder: Die Dinge versuchen, ganz neu zu entdecken. Hinausgehen und versuchen, ohne jegliches Vorurteil noch einmal zu sehen wie ein Kind. So etwas denke ich kann auch helfen.
Jedenfalls: Loslassen an altem, neu auf die Welt zugehen- ich denke nur so ein Umbruch kann wirklich helfen.
Und auch wenn du gerade keine Probleme in Sachen Selbst-Vertrauen hast- so etwas kann jenes auch noch einmal doppelt stärken.
Gruß, BB.
Seien wir realistisch- versuchen wir das Unmögliche!
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Ich lese aus den Texten viel von Kontrollverhalten heraus, das sich aber ausschlieslich auf die Aussenwelt bezieht.
ICh habe das Gefühl, das Du einem ziemlich großen Druck von Aussen asugesetzt bist, der von Dir sehr viel fordert. Ob dieser Zustand noch existent ist oder nicht kann ich nicht sagen.
Oft projeziert man dieses dann gerne und daraus wird eine Marotte, Manie oder andere Zwangshandlung. Sprich ich glaube, das Du an andere diesen Anspruch hast weil ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Dir und Deiner Aussenwelt besteht. Und ich denke auch das es gut sein kann das du die wirklichen Probleme, die dich beschäftigen damit verdrängst.
Und die Frage ist schon so: Ist es Dein tiefer eigener Wunsch Klavier zu spielen ? Oder erfreut es jemanden das DU es machst ? Oder bekommst Du Anerkennung wenn Du es machst ? Würdest Du auch gerne Klavier spielen wollen, wenn es nie jemand zu hören bekommt ?
Vielleicht wäre es eine Möglichkeit für DIch zu schauen ist es ein Vorwand, der Dich abhält - oder ein Einwand.
Weil wenn Dich eine Taste stört und du liebst das spielen, dann lässt man sie reparieren und gibt nicht alles so einfach auf.
Alles nur eine Idee - würde mich über die Reflexion freuen
Saludos
hier mal Engel
des Süden
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Meine Posts erheben keinen Anspruch auf universelles Wissen.
Nimm Dir was Du brauchst,
verwerfe was Du willst.
Finde Deine eigenes Bild und lebe wie DU es willst.
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Original von Engel des SüdenUnd die Frage ist schon so: Ist es Dein tiefer eigener Wunsch Klavier zu spielen ? Oder erfreut es jemanden das DU es machst ? Oder bekommst Du Anerkennung wenn Du es machst ? Würdest Du auch gerne Klavier spielen wollen, wenn es nie jemand zu hören bekommt ? |
Vorspielen war mir immer verhasst. Am liebsten habe ich für mich alleine gespielt, ohne dass irgendjemand zuhört. Beim Vorspielen war ich immer sehr nervös als Kind, das hab ich nicht gemocht.
Zitat: |
Weil wenn Dich eine Taste stört und du liebst das spielen, dann lässt man sie reparieren und gibt nicht alles so einfach auf. |
Wir haben es damals ansehen lassen, allerdings konnten die nichts ausbessern.
SweetPrettyMuthaFuckinCountryAcidHouseMusicAllNightLong
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Ich fand' das ganz angenehm als ich mit E-Gitarre angefangen hab' - da kann man nämlich die Lautstärke einstellen, oder über Kopfhörer oder einfach unplugged für sich spielen, ohne dass man sich großartig um andere Leute sorgen müsste.
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Original von Arne ReloadNaja, und ich bin eigentlich ganz zufrieden mit meinem Leben ohne Klavier, Radfahren, Computerlenkrädern, Kameras und selbstgeschriebenen Englischklausuren.
Erzähl' mal das Problem, dass Du hast, wenn Du sowas nicht hast!!! |
Ich habe gerne Klavier gespielt, war vllt. auch ein wenig talentiert (ich war auch stolz auf meine Fertigkeiten), habe es aber wegen einer leicht klappernden Taste aufgegeben. Das Problem, das ich habe, liegt nicht im Fehlen des Klavierspielens, sondern in dem Grund, aus welchem ich es aufgegeben habe und bis heute nicht ein einziges Mal mehr angerührt habe.
Ich habe auch kein wirkliches Problem ohne Kamera oder ohne Rad, ich habe ein Problem mit mir, der an jeder Sache, die er sich zulegt (auch wenn man ohne diese leben könnte, und ich könnte ohne wohl oft sogar glücklicher sein), etwas findet, das ihn zutiefst unglücklich macht.
Du lenkst die Diskussion in eine falsche Richtung. Ich will hier keine Auseinandersetzung über die Notwendigkeit von Sachbesitzen oder eigenem Schaffen.
Ich weiß sehr wohl, dass ich ein Problem habe, das gut möglich auch zivilisatorische Gründe haben mag, dass ich evtl. vereinnahmt bin von einem materialistischen Denken (und das siehst du doch als die Ursache, oder?), das meinen eigenen Idealen widerstrebt.
Nur hilft mir ein solches Abstrahieren bei meinem konkreten Problem nicht weiter, dafür sitzt es zu sehr in mir drin. Ich bräuchte eine direkte, emotionale Erfahrung, und die will ich suchen, indem ich wieder mehr in mich kehre.
Wie Yog-Sothoth sagt, behebt ein gewaltsames Widerstehen gegen den Drang, alles überprüfen zu müssen, nicht das Problem (denn dieser Drang besteht bei Widerstand dauernd fort und ließe mich das neue Buch z.B. nie konzentriert lesen können), ebensowenig wie eine sorgfältigere Planung (bspw. hätte ich das Buch auch im Fachhandel vor Ort kaufen können) oder gar ein grundlegender Verzicht.
Ich muss natürlich versuchen, auch "nicht perfekte" Dinge als solche zu akzeptieren und ich will es versuchen. Vielleicht wird es mir gelingen, nur habe ich diesbezüglich nach wie vor starke Zweifel.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von deep7 am 23.03.2009 18:07.
SweetPrettyMuthaFuckinCountryAcidHouseMusicAllNightLong
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Hm...klingt für mich ein wenig so als ob du wahnsinnig hohe Anforderungen an dich selbst stellst, deep7 (naja, "Perfektionist" eben): Du hast die Entscheidung getroffen, dir etwas bestimmtes anzuschaffen, mit dem Anspruch dass es so ist wie du es dir vorgestellt hattest. Und wenn es dann nicht so ist machst du dir Vorwürfe, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben, und versuchst diese wieder zu korrigieren.
Geht das ungefähr in diese Richtung, oder liege ich da eher falsch?
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dian unregistriert
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Ich kann das teilweise sogar nachvollziehen, was du schreibst.
Als ich noch jünger war, ging es mir beispielsweise bei meiner Videospiel-Sammlung ganz ähnlich. Da hat es mich tierisch angekotzt, wenn eine Verpackung anders aussah als die anderen, oder wenn sie irgendwo durch einen Aufkleber verunstaltet war (was ja gerade bei den alten SNES-Pappschachteln sehr leicht passieren konnte)
Oder, wenn in einem Lied irgendwo eine kleine Stelle drin war, wo kurz der Ton aussetzte, dann konnte mich das so wahnsinnig machen, dass ich die CD, auf der dieses Lied drauf war, lieber gar nicht mehr gehört habe, als mich ständig darüber aufregen zu müssen, dass sie fehlerhaft ist.
Inzwischen ist es mir aber relativ egal, ob ich nun ein Spiel mit Verpackung habe oder komplett ohne.
Es sind letztlich nur Äußerlichkeiten. Und das weißt du ja auch.
Die (durchaus interessante) Frage ist nun: Warum bedeuten dir diese Äußerlichkeiten so viel?
Ist es Ausdruck deiner Sehnsucht nach einer perfekten Welt, die es natürlich nie geben wird, die du dir aber in deinen eigenen vier Wänden so gut wie möglich nachbauen möchtest?
Als ich neulich aus Langeweile auf irgendwelchen Esoterik-Seiten rumgesurft bin, ist mir mal wieder sehr deutlich aufgefallen, welch großes Ordnungsbedürfnis viele dieser angeblich so über den Dingen stehenden Esoteriker haben...
Da liest man dann davon, dass es sieben verschiedene Zuständen der Seele gibt (keine 6 und keine 8, sondern genau 7!!).
Jeder scheint ganz genau zu wissen, wie das Jenseits aufgebaut ist, aus welchen Sphären es besteht und wie diese unterschiedlichen Sphären genannt werden. Sie zeichnen alle möglichen Skizzen, um diese göttliche Ordnung zu verdeutlichen...
doch ich Ungläubiger dachte mir die ganze Zeit beim Betrachten dieser Skizzen nur:
"Ja, so ähnlich hat mein Bücher-Regal im Kinderzimmer früher auch mal ausgesehen."
Ich spüre da eine große Sehnsucht nach Perfektion und einer unverrückbaren, zweifelsfrei feststehenden Ordnung.
Und wenn ich ganz ehrlich bin und mich dunkel an meine ganz alten Texte erinnere, dann muss ich gestehen, dass da auch zuweilen von beispielsweise fünf verschiedenen Kategorien die Rede war, in die sich angeblich alle Menschen einteilen lassen, etc.
Heute amüsiert mich diese Vorstellung eher, als dass ich daran glauben würde.
Warum alles in bestimmte Kategorien einordnen, wo ich mich doch nicht mal selbst in eine einordnen könnte?
Wozu mich nach der perfekten Zimmereinrichtung sehnen, wo ich doch selbst alles andere als perfekt bin? (nach meinen eigenen Kriterien)
Wäre es nicht konsequent, erstmal Selbstmord zu begehen, bevor ich eine defekte Videospiel-Verpackung umtausche?
Hmm... könnte vielleicht auch Selbsthass, das Wissen um die eigene Unzulänglichkeit, ein Grund dafür sein, dass du die äußeren Dinge um dich herum um so perfekter haben möchtest?
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Danke für deine Antwort, Dian. Ich bin wirklich für jeden Beitrag dankbar.
Ich glaube, es ist alles gut, wie es gekommen ist. Es gab damals eine Zeit, in der mich gewisse Umstände viel über mich selbst, mein Leben, ja die Welt nachdenken ließen. Und ich war auch damals verzweifelt und habe sehr viel Zeit allein verbracht, mit Nachdenken. Ich hatte damals keine Freude am Leben mehr, und es dauerte lange, bis ich aus diesem Loch herausgekommen war. Nur war dies auch ein Abschnitt in meinem Leben, in dem ich für mich persönlich unheimlich viel gelernt habe. Im Nachhinein betrachtet bin ich froh, dass es diese Phase gab.
Und ich fühle mich gerade ähnlich wie damals, als ob ich abermals eine solche Phase durchmache, die einen sehr schlecht fühlen lässt, die aber am Ende auch zur Lösung eines tieferliegenden Problems beitragen kann.
Vielleicht bin ich - da es mir nun sehr lange recht gut ging - auch allgemein irgendwo zu sehr "abgedriftet". Besonders gemerkt habe ich diese Veränderung, als ich bei Karstadt einen Job an der Kasse hatte. Ich war wie robotisiert, alles war in einen festen Ablauf eingepasst und ich fühlte mich zufrieden. Aber ich habe auch gemerkt, wie mir meine Menschlichkeit, meine Leidenschaften durch diese monotone Arbeit abhanden gekommen sind. Ich habe mich immer mehr von mir selbst entfernt, sodass ich inneren Konflikten gegenüber blind gewesen bin, die jetzt schließlich ein umso größeres Ausmaß angenommen haben.
Jetzt verbringe ich wie damals viel Zeit mit mir allein und versuche, mich vor allem auf mich selbst zu konzentrieren, Abstand von Dingen um mich herum zu gewinnen. Dieses Abstandnehmen von der Außenwelt oder auch "In-Mich-Kehren" hat mir damals geholfen, vielleicht tut es dies auch diesmal. Und möglicherweise hilft es gegen mehr als nur dieses eine Problem, den Perfektionismus, vielleicht habe ich eine Art "Grundreinigung" einmal wieder nötig, die mich der wichtigen Dinge im Leben wieder bewusst werden lässt und die mich wegbringt von einem Denken, das bei mir im Laufe der Zeit wahrscheinlich zu sehr materialistische Züge angenommen hat.
In diesem Sinne darf ich dankbar sein für die Situation, wie sie jetzt ist.
Zitat: |
Original von dianWarum bedeuten dir diese Äußerlichkeiten so viel? Ist es Ausdruck deiner Sehnsucht nach einer perfekten Welt, die es natürlich nie geben wird, die du dir aber in deinen eigenen vier Wänden so gut wie möglich nachbauen möchtest? |
Es tut mir Leid, dies schreiben zu müssen, aber ich kann nicht mit "Ja, du hast wohl recht." oder "Nein, ganz sicher nicht." antworten.
Du hast viel geschrieben und gezeigt, dass das Verdrängen von Dingen aus der Nichterfüllung der eigenen Ansprüche heraus kaum nur mich betrifft.
Zitat: |
Original von dianHmm... könnte vielleicht auch Selbsthass, das Wissen um die eigene Unzulänglichkeit, ein Grund dafür sein, dass du die äußeren Dinge um dich herum um so perfekter haben möchtest? |
Wie gesagt halte ich diese Idee für sehr unwahrscheinlich. Mit mir selbst bin ich denke ich sogar überdurchschnittlich zufrieden, zumindest könnte ich mir das vorstellen. Ich habe im Startbeitrag bereits geschrieben:
"Dabei bin ich durchaus ein selbstbewusster Mensch ohne Selbstwertsdefizite, auf die (wie ich eben herausgefunden habe) eine solche Störung quasi als Projektion des eigenen degenerierten Selbstwertgefühls auf die Außenwelt oft von Psychologen zurückgeführt wird."
Selbsthass ist die Folge, nicht die Ursache meines Perfektionismus.
Zitat: |
Original von dianDie (durchaus interessante) Frage ist nun: Warum bedeuten dir diese Äußerlichkeiten so viel?
Ist es Ausdruck deiner Sehnsucht nach einer perfekten Welt, die es natürlich nie geben wird, die du dir aber in deinen eigenen vier Wänden so gut wie möglich nachbauen möchtest? |
Möglich. Ich weiß nicht, was ich noch schreiben könnte. Betrachte meine Wortkargheit bitte als das, was es ist: Audruck meiner eigenen Ratlosigkeit, und nicht als Zeichen der Geringschätzung deiner Vorschläge.
EDIT:
Du darfst meine häufigen Entschuldigungen ("Es tut mir Leid, dies schreiben zu müssen, (...)", "Betrachte meine Wortkargheit bitte als das, was es ist (...)" nicht als Indiz tatsächlicher Selbstwertsdefizite fehldeuten. Das ist eigentlich nicht meine Art und kommt wohl daher, dass ich gerade einen sentimentalen Film gesehen habe
(wobei ich mir solche Höflichkeit eig. gerne langfristig aneignen würde...).
Dieser Beitrag wurde 4 mal editiert, zum letzten Mal von deep7 am 22.03.2009 23:54.
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