dian unregistriert
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Free Rainer - Dein Fernseher lügt
16.11.2007 01:31 |
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Der Film läuft seit gestern im Kino und dürfte dem einen oder anderen hier sicher gefallen.
Es geht um einen Produzenten von doofen Fernsehsendungen, der anfängt, über seinen Job nachzudenken, und sich schließlich aus Gewissensgründen dazu entschließt, die Leute, die er bisher mit seinen Sendungen verdummt hat, aus ihrer geistigen Umnachtung zu befreien.
Dazu versucht er mit einer Gruppe Gleichgesinnter, die Quoten der Fernsehsender zu manipulieren, da die Quote nunmal entscheidet, was dem Volk vorgesetzt wird und was nicht.
Und das ist dann auch die wichtigste Aussage des Films:
Dass nämlich über das Sehverhalten des deutschen Publikums gerade mal 5000 Haushalte entscheiden, deren Einschaltquote dann statistisch hochgerechnet wird. (also das ist wohl wirklich so ähnlich, wie das im Film dargestellt wird)
Würde man also diese 5000 Haushalte manipulieren, könnte man bewirken, dass ARTE plötzlich eine Millionen-Einschaltquote hat und niemand mehr RTL schaut... was dann wiederum dazu führen würde, dass RTL sein Programm niveauvoller gestalten muss, um überhaupt noch Werbepartner zu finden.
Das ist natürlich etwas arg optimistisch gedacht...
So wirkt der Film auf mich an manchen Stellen dann auch eher wie ein sozialkritisches Märchen.
Ich glaube nicht so recht daran, dass die Leute nur deshalb Gute Zeiten, Schlechte Zeiten oder Super Nanny ansehen, weil man ihnen den Scheiß eben vorsetzt. Es gibt schon viele, die sowas wirklich aus Überzeugung schauen, weil es sie einfach mehr interessiert als irgendwelche Kulturberichte auf ARTE.
Also über die Frage, was zuerst da war, kann man sicherlich streiten...
Henne oder Ei... dummes Volk oder dummes Fernsehprogramm.
Ich persönlich teile da nicht ganz die Ansicht des Films, dass man nur das TV-Programm ändern muss, um die Leute wieder kulturell interessierter und weltoffener zu machen.
Waren die Menschen, als es nur ARD und ZDF gab, die nicht so sehr von der Quote abhängig sind, dann wirklich so viel intelligenter als heute? Ich meine, die haben damals immerhin Helmut Kohl zum Bundeskanzler gewählt...
Von derlei Simplifizierungen abgesehen, ist "Free Rainer" allerdings ein durchaus lohnenswerter Film... den leider wohl mal wieder nur die Leute anschauen werden, die sowieso schon sehr selektiv ihr TV-Programm auswählen und daher eigentlich gar nicht mehr aufgeklärt werden müssten. Im Kino war jedenfalls nicht all zu viel los.
Den Film sollte man besser später mal auf RTL zeigen, zur besten Sendezeit. Dann könnte er vielleicht wirklich ein paar Leuten zu denken geben.
Was mir aber gut gefallen hat, war die (für deutsche Verhältnisse) profesionelle Machart des Films, die sympathischen Charaktere, und vor allem, dass der Film den schwierigen Spagat schafft, einerseits in seiner Aussage ziemlich alternativ zu sein, aber trotzdem nicht in irgendwelche billigen Klassenkampf-Klischees zu verfallen.
Also es gibt eigentlich nicht so die absolut Bösen (bis auf einen), oder die absolut guten. Auch die Sympathiefiguren haben ihre Ecken und Kanten, und die vermeintlich verdummten Durchschnitts-Menschen kommen auch recht gut dabei weg.
Wenn ich so nen Film gemacht hätte, hätte ich das wahrscheinlich alles viel mehr überzeichnet und radikaler formuliert, was dann aber wiederum sehr viele Zuschauer vor den Kopf gestoßen hätte.
Nun ja... also der Film ist auf jedenfall empfehlenswert, wenn man mal wieder etwas sehen möchte, über das man hinterher noch ausgiebig diskutieren und nachdenken kann.
http://www.youtube.com/watch?v=mI__dR-Q3Gc
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Arne Kroger unregistriert
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Privatfernsehen gab es ab 1979. Kohl wurde 1982 zum ersten Mal zum Kanzler gewählt.
Aber auch ohne Fernseher haben die Leute früher Adolf Hitler gewählt und ob der nun so die knackige Alternative zu Helmut Kohl gewesen wäre, wage ich mal zu bezweifeln.
Hört sich aber wirklich etwas naiv an, denn letztendlich sind, egal, ob es private oder öffentlich-rechtliche Medien sind, beide vor Manipulationen nicht geschützt. Nicht die Quote macht die Meinung, sondern die Notwendigkeit, dass das System erhalten werden muss.
Alternative Meinungen kann man immer unterdrücken bzw. in eine Nische drängen.
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Ich habe den in der Zwischenzeit auch gesehen, zwei Mal. Darauf gestoßen bin ich aber über den Regisseur Hans Weingartner, den ich durch "Die fetten Jahre sind vorbei!" sehr schätzen gelernt habe.
Ich liebe diesen Film auch sehr. Vielleicht ist das Satirische daran tatsächlich eher die naive Vorstellung, gutes Fernsehprogramm würde gute Menschen machen - und nicht die überspitzt-schlechten Inhalte des imaginären Trash-Senders - denn diese sind immerhin ziemlich realitätsnah
Aber andererseits läuft es bei Weingartner ja darauf hinaus, dass die Menschen wegen den guten Programmen ihre Fernseher zerstören. Und eben zu intelligenteren, offeneren Menschen werden, weil sie kein TV mehr glotzen, sondern weil sie lesen und sich mit anderen Menschen in Parks treffen.
Soweit ich weiß, ist es übrigens tatsächlich so, dass das Verhalten weniger Tausend Fernsehnutzer auf ca. 80 Millionen Bürger hochgerechnet wird. Und auch, dass das Kaufverhalten der Deutschen erst im Städtchen Haßloch erprobt wird, ist Richtig.
Ich persönlich würde jedenfalls eine Gesellschaft mit kultivierterem Fernsehprogramm bevorzugen, als eine von RTL/ProSieben dominierte Fernsehlandschaft. Im Idealfall würde natürlich auch nur Werbung für z. B. Soziale Verbände oder Demos gegen Nazis laufen.
"Einige Menschen in diesem Land sind sehr reich, aber die meisten von euch sind sehr, sehr arm. Und wisst ihr wieso? Weil ihr alle faule Säcke seid! Euer Land braucht Geld. Aber ihr könnt leider nicht genug Geld beschaffen. Also sag ich euch, was wir tun müssen: Wir werden die Krankenhäuser zumachen und den Leuten Arbeit geben und mehr Raketen herstellen!!"
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Hans Weingartner hat doch auch den Psychose-Film 'Das weiße Rauschen' gedreht, oder?
Jemand den gesehen?
Hatte ich geplant, mir die Woche mal anzugucken.
Denken ist schwer, darum urteilen die Meisten.
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