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Zum Ende der Seite springen Der Fremde 2008  
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dian
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Der Fremde 2008 20.03.2008 19:23 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Der Fremde


Der Fremde stand auf einer Anhöhe über der Stadt, und blickte gedankenversunken hinauf zu den Sternen. Zu den Sternen, von denen er gekommen war, und zu denen er eines Tages zurückkehren würde.
Vor einigen Jahren war er hier auf der Erde gestrandet... zahllose Lichtjahre von seiner Heimat entfernt.
Er hatte die Warnungen der anderen Reisenden in den Wind geschlagen, die ihm rieten, um diesen unscheinbaren, blauen Planeten und dessen seltsame Bewohner einen weiten Bogen zu machen.
"Sei auf der Hut! Diese Erdlinge sind gefährlich.", sagte man ihm. "Wie man hört, ist Gewalt ein essentieller Bestandteil ihrer Kultur. Sie führen Tag für Tag einen erbitterten Kampf um Nahrungsmittel und Wertgegenstände, sie bedrohen sich gegenseitig mit Waffen, sperren einander in Käfige ein... ja, sie verwüsten sogar ihren eigenen Planeten, obwohl sie genau wissen, dass sie so schnell keinen besseren erreichen werden."
Doch von Horrorgeschichten wie diesen ließ sich der Fremde naturgemäß nicht abschrecken.
Ganz im Gegenteil. Er hatte ein Faible für solche rückständigen Zivilisationen, von denen man nie genau sagen konnte, ob sie noch da sein würden, wenn man das nächste Mal wieder an ihrem Planeten vorbeiflog.
In besonderem Maße wurde sein Forscherdrang dann geweckt, wenn es sich dabei um Humanoide handelte, die körperlich ganz ähnlich beschaffen waren wie er selbst, und ihm so eventuell einen interessanten Blick in die Vergangenheit seines eigenen Volkes ermöglichen würden. Und so beschloss der Fremde, der eigentlich nur auf der Durchreise war, sich diese Erdlinge einmal etwas genauer anzuschauen und einige Daten über ihre aktuelle Gesellschaftsstruktur zu sammeln, um diese dann später den wissenschaftlichen Archiven auf seinem Heimatplaneten zur Verfügung stellen zu können.
Die meisten Informationen, die er in den Datenbanken über den Planeten Erde gefunden hatte, waren schließlich schon über 2000 Jahre alt und nicht gerade aussagekräftig.
"Ein hoffnungsloser Fall.", lautete der letzte Kommentar, den ein offenbar wenig begeisterter Besucher dort über den Planeten abgegeben hatte. "Die Einheimischen besitzen allerdings einen gewissen Unterhaltungswert, wenn man auf bizarre Rituale steht und sich gerne mal als Gott anbeten lassen möchte."

Ein solch kindisches Vorhaben lag dem Fremden natürlich völlig fern.
Vielmehr beschäftigte ihn während seines Landeanflugs auf den blauen Planeten vor allem die Frage, warum es manchen humanoiden Völkern ohne größere Schwierigkeiten zu gelingen schien, ihre animalischen Triebe abzulegen, während andere bis zur Selbstzerstörung ihrer Zivilisation aggressiv und uneinsichtig blieben.
Lag es an ihrem Gehirnvolumen, an den unterschiedlichen Umwelteinflüssen, denen sie auf ihrem Heimatplaneten ausgesetzt waren, oder gab es in der Kulturgeschichte einer jeden intelligenten Spezies einen ganz konkreten Wendepunkt... einen alles entscheidenden Konflikt der unterschiedlichen Weltanschauungen, von dessen Ausgang es abhängig war, ob die gesamte Gesellschaft in Richtung ewiggestriger Stagnation oder kompromissloser Aufklärung kippte?
Und wenn ein solcher Wendepunkt existierte... konnte man ihn dann durch Auswertung aller zur Verfügung stehenden Daten dermaßen exakt vorherberechnen, dass es vielleicht sogar möglich wäre, mit ein paar unauffälligen, aber dafür um so gezielteren Aktionen ein ganzes Volk vor dem drohenden Untergang zu bewahren?
Es waren Gedanken wie diese, die den Fremden dazu bewegten, erst noch einige frühere Reiseberichte miteinander abzugleichen, anstatt unmittelbar nach seinem Eintritt in die Erdatmosphäre die Rekalibrierung des Tarnschildes vorzunehmen, so, wie es ihm eigentlich beigebracht worden war, und wie er es üblicherweise auch stets gewissenhaft zu tun pflegte.
Nur eine kurze Phase der Unaufmerksamkeit, die vielleicht alles in allem nur wenige Sekunden andauerte.... doch diese Sekunden genügten, dass sein Schiff von einem wie aus dem Nichts auftauchenden Flugkörper gerammt und schwer beschädigt wurde.
Der Fremde realisierte sofort nach dem Aufprall, dass an eine Notlandung oder gar eine Rückkehr ins sichere Orbit nicht mehr zu denken war.
Er versuchte zwar noch angestrengt, seine genaue Position zu ermitteln und wenigstens einen kurzen Notruf ins All zu senden... doch angesichts der bereits wild aus den Armaturen des Cockpits schlagenden Flammen musste er auch dieses Vorhaben schließlich ergebnislos abbrechen.
Und so war das Einzige, was ihm noch blieb, hastig die allernötigste Ausrüstung zusammenzupacken und sich dann mit der an Bord befindlichen Rettungskapsel auf die Oberfläche des Planeten zu schießen... gerade noch rechtzeitig, bevor sein Schiff, das ihn in der Vergangenheit an so viele wunderbare Orte getragen hatte, hoch über den Wolken auseinanderbrach und in einem grünlich schimmernden Feuerball verglühte.

Auf der Erde angekommen, eignete er sich zunächst einmal die Kleidung eines Einheimischen an und machte sich dann auf den Weg in eine ihrer Städte.
Das Erlernen ihrer Sprache war dank seines mitgeführten Allzweckcomputers kein all zu großes Problem.
Ungleich schwerer fiel es ihm hingegen, sich dem Verhalten und den Umgangsformen der Erdlinge zumindest in so weit anzupassen, dass man ihm seine außerirdische Herkunft nicht schon auf den ersten Blick anmerkte.
Er musste sich unglaublich dumm stellen, musste den allgegenwärtigen uniformierten Aufpassern Respekt entgegenbringen, die man auf seinem Heimatplaneten einfach kopfüber in den Boden gerammt hätte, und lernen, im Zweifelsfall lieber den Mund zu halten, als für Probleme, an denen die Menschen bereits seit Jahrhunderten zu knabbern hatten, auffällig simple Lösungen zu präsentieren.
Eine Maskerade, die dem Fremden, der es eigentlich gewohnt war, immer frei heraus seine Meinung zu sagen, schon eine gehörige Portion Selbstbeherrschung abverlangte.
Denn nicht genug damit, dass die Erdenbewohner so viele geschriebene und ungeschriebene Verhaltensrichtlinien kannten, wie er es zuvor noch bei keiner anderen intelligenten Spezies im Universum erlebt hatte... sie schienen darüber hinaus auch noch fast ausnahmslos einer abstrusen, radikal-materialistischen Ideologie verfallen zu sein.
So drückten sie beispielsweise den Wert eines jeden Gegenstandes, ja, selbst den Wert des Bodens, auf dem sie lebten, in Zahlen aus.
Mehr noch.... sie versahen sogar ihren eigenen Nachwuchs mit solchen Zahlen, um möglichst exakt dessen geistige Fähigkeiten, und damit seinen Nutzen für die Gemeinschaft, bestimmen zu können.
Im Prinzip war ihr gesamter Planet auf diese Weise durchnummeriert und aufgeteilt worden.
Jeder Baum, jede Blumenwiese, jeder noch so unbedeutende Gegenstand befand sich im Besitz von irgendjemandem.
Die Erdlinge selber waren, so lange sie ein bestimmtes Alter noch nicht überschritten hatten, Eigentum ihrer biologischen Erzeuger. Später gehörten sie dann vollständig einem abstrakten bürokratischen Gebilde, das sie als "Staat" bezeichneten... wobei dieser "Staat" jedoch angeblich wiederum jedem einzelnen seiner Bürger gehörte.
Dieses Paradoxon nannten sie ehrfurchtsvoll "Demokratie", und priesen es als eine der herausragendsten Errungenschaften ihrer Geistesgeschichte.
Der Fremde konnte ihre Begeisterung für dieses Gedankenkonstrukt hingegen nur sehr begrenzt nachvollziehen. Ein Sklave hörte schließlich nicht auf, ein Sklave zu sein, nur weil er selber darüber mitentscheiden durfte, wer ihm in Zukunft die Ketten anlegte.

Noch verwirrender als ihre Bereitschaft, sich von wem oder was auch immer besitzen zu lassen, erschien ihm allerdings der Brauch der Einheimischen, bunte Papierschnipsel zu horten, die sogar oft nur als virtuelle Zahlenreihen in irgendwelchen altmodischen Computernetzwerken existierten, und diese Papierschnipsel dann bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten untereinander weiterzureichen.
Natürlich hatte der soziologisch interessierte Fremde schon einiges über die unterschiedlichsten Währungssysteme gelesen, die in den Anfangstagen zahlreicher späterer Hochkulturen einst eine wichtige Rolle gespielt hatten.
Begriffe wie "Geld", "Handel" oder "Lohnarbeit" waren ihm in ihrer theoretischen Bedeutung also durchaus vertraut... nicht zuletzt aus der bewegten Frühgeschichte seines eigenen Volkes.
Doch erst hier auf der Erde lernte er ein solches System einmal in seiner alltäglichen Praxis kennen.
Erst hier erfuhr er, wie kompliziert und undurchsichtig sich das Leben in einer solchen Ordnung wirklich darstellte... zumindest für jemanden wie ihn, der nicht von klein auf darin ausgebildet worden war, den Wert von allem, was ihm begegnete, in virtuelle Papierschnipseleinheiten umzurechnen und die hinter diesem ganzen Papiersammelkult steckende Logik zu verstehen.
Beispielsweise erschien es ihm völlig unsinnig, dass es offensichtlich um so einfacher war, an das überlebenswichtige Geld zu gelangen, je mehr man bereits davon besaß, und je weniger man es somit eigentlich noch benötigen würde.
Wer reich war, verlieh seine Papierschnipsel einfach an andere, die auch einmal reich sein wollten, und bekam später als Entschädigung dafür, dass er so lange auf seine kostbaren Papierschnipsel verzichtet hatte, eine Menge Extraschnipsel in die Hand gedrückt.
Den Armen hingegen gestand keiner das Recht zu, mehr zurückzufordern, als sie zu geben bereit waren. Taten sie es dennoch, bezeichnete man sie als "Schmarotzer"... denn auch das Recht, irgendwelche Forderungen an seine Mitmenschen stellen zu dürfen, musste man sich auf dem Planet der Erdlinge erst einmal mit zahlreichen Papierschnipseln erkaufen.

Anfangs fand es der Fremde sogar durchaus interessant, sie dabei zu beobachten, wie sie sich mit einer Mischung aus kindlicher Begeisterung und heiligem Ernst jeden Tag aufs Neue ans große Schnipselsammeln machten.
Es kam ihm so vor, als sei nahezu die gesamte humanoide Bevölkerung einem seltsamen Gesellschaftsspiel verfallen... einem Spiel, mit dem sie die Verteilung der Resourcen ihres Planeten regelten, weil ihnen bislang noch keine bessere Verteilungsmöglichkeit eingefallen war.
Doch als er bemerkte, welch verheerende Auswirkungen dieses Spiel auf Sozialverhalten und Lebensqualität der Erdenbewohner hatte, wich das Interesse des Fremden mehr und mehr einem tiefen Unverständnis.
Nicht nur, dass die Erdlinge so sehr mit ihrem materialistischen Verteilungsspiel beschäftigt waren, dass sie darüber hinaus alles andere vergaßen und mehr oder weniger willenlos dabei zuschauten, wie ihr Leben an ihnen vorüberzog... sobald sie das Spiel endlich gut genug beherrschten, um mehr Vorteile daraus zu ziehen als ihre Mitmenschen, mussten sie sich auch noch zunehmend davor fürchten, von denen, die weniger hatten und sich nicht an die Spielregeln halten wollten, ausgeraubt oder gar ermordet zu werden.
In ihrer Gesellschaft herrschte ein Klima allgegenwärtiger Angst. Angst davor, im großen Spiel zu versagen, Angst vor den neidischen Mitspielern, aber auch Angst vor einem übermächtigen Staatsapparat, der aus Angst davor, dass das Spiel durch zu viele Regelverstöße außer Kontrolle geraten könnte, immer neue Regeln einführte.
Im Grunde misstraute jeder jedem... Selbst in den kleinsten Einheiten, in denen die Erdlinge zusammenlebten, ihren Familien und Partnerschaften, überwachte man sich, machte einander Vorschriften und führte einen erbitterten Kampf um jedes noch so kleine Stückchen Anerkennung.
"Im Grunde wollen sie ja alle das selbe...", schrieb der Fremde eines Tages konsterniert in seine Notizen. "Aber jeder will es nur für sich allein. Sie wollen sich gegenseitig besitzen, weil ihnen nie beigebracht wurde, dass Machtansprüche und Habgier etwas zutiefst Rückständiges sind. Vielmehr hat man in ihrer Gesellschaft versucht, die negativen Auswirkungen, die solch primitive Gedanken zwangsläufig auf ein jedes Gemeinwesen haben müssen, dadurch in den Griff zu bekommen, in dem man sie ritualisierte, in Gesetze fasste und damit zu einem regelrechten Kult erhob.
Und so beten die Erdenbewohner an, was eigentlich nur Verachtung verdient, und opfern Dinge, die jedem vernunftbegabten Wesen im Universum heilig sein sollten, ihren materialistischen Götzen.
Ich kann diesen Planeten daher niemandem empfehlen, der noch Liebe für unterentwickelte humanoide Völker empfindet... denn ich fürchte, spätestens nach einem Besuch auf der Erde würdet ihr sie verlieren."

Eigentlich war es überhaupt nicht die Absicht des Fremden gewesen, ein solch hartes Urteil über die Einheimischen zu fällen.
Wer weiß, vielleicht hatte ihn das Miterleben ihres Alltags, das Blicken in ihre stressgeplagten Gesichter und das ständige Lesen der Schreckensmeldungen in ihren Zeitungen auch einfach nur seiner wissenschaftlichen Objektivität beraubt.
Vielleicht waren sie ja viel besser, und er konnte es nur nicht angemessen würdigen, weil er nicht länger über ihnen schwebte und die Daten in ihren Bibliotheken scannte, sondern mitten unter ihnen ums tägliche Überleben kämpfen musste.
Denn so reizvoll es für einen Forscher auch sein mochte, einem Rudel gefährlicher, wilder Tiere aus sicherer Entfernung bei ihrem Jagd- und Sozialverhalten zuzuschauen... in dem Moment, wo man in ihren stinkenden Bau stürzte und von allen Seiten beschnuppert, vollgeschleimt und angeknurrt wurde, wich die wissenschaftliche Faszination auf einmal dem blanken Entsetzen, und man wollte einfach nur noch nach Hause.

„Du kommst oft hier her, stimmt's?", wurde der Fremde plötzlich von einer sanften Stimme aus seinen wenig erfreulichen Gedanken gerissen.
Ein Mädchen war an ihn herangetreten. Sie trug eine zerrissene Jeans, lila gefärbte Haare, und war noch nicht besonders alt... doch offenbar alt genug, um sich von dem Fremden angezogen zu fühlen.
„Ja...", antwortete er leise. „Man ist hier oben einfach näher dran an den Sternen... und weiter weg von all den Menschen da unten. Wenn die Distanz zu ihnen nur groß genug ist, spielt es auf einmal keine Rolle mehr, ob sie sich in ihren Wohnungen anschreien, hintergehen oder gegenseitig zu erziehen versuchen,
Man sieht nur noch ihre Lichter... und wenn man über ein bisschen Fantasie verfügt, kann man sich fast einreden, dass sich da unten alle friedlich in den Armen liegen.
Das ist eine schöne Vorstellung. Erinnert mich ein wenig an meine Heimat..."
„Woher kommst du denn?", wollte das Mädchen, nun erst richtig neugierig geworden, von ihm wissen.
„Usbekistan.", entgegnete der Fremde knapp. Das sagte er in solchen Fällen immer, da hierzulande niemand viel über dieses ferne Land zu wissen schien und er so nie in Erklärungsnöte kam, wenn er aufgrund seines von der Norm abweichenden Verhaltens mal wieder in das eine oder andere Fettnäpfchen getreten war.
„Und?", fragte das Mädchen weiter. „Wie gefällt es dir bei uns?"
Der Fremde musterte sie eindringlich. Sie schien es wert zu sein, ihr die Wahrheit zu sagen. Zumindest auf eine Art und Weise, die für sie verständlich war.
„Das ist irgendwie schwer zu beschreiben.
Manchmal, wenn ich euren Kindern zuschaue... oder den "Jugendlichen", wie ihr sie nennt... da habe ich das Gefühl, dass sich unsere Völker doch eigentlich gar nicht so sehr voneinander unterscheiden.
Es sind die selben Augen, die selben Gesichter... es ist die selbe Lust auf Leben, die ich sehe. Abenteuerlust, Neugier, die Sehnsucht nach Liebe... das alles verbindet uns miteinander.
Aber wenn ihr älter werdet... wenn ihr das werdet, was ihr als "erwachsen" bezeichnet..."
Seine Miene verfinsterte sich, allein schon beim bloßen Gedanken an diese unheimliche, psychische Transformation, die ihm in solch extremer Form noch bei keinem anderen humanoiden Volk im Universum aufgefallen war.
"... dann ist das, was mir an euch so vertraut erscheint, auf einmal wie weggeblasen. Jedenfalls bei den meisten von euch.
So habe ich beispielsweise erst neulich ein paar junge Menschen mit einem Ball spielen sehen... in einem schönen Garten, in dem ein Klettergerüst und mehrere Schaukeln standen.
Sie haben mir freundlich zugewunken, also bin ich zu ihnen gegangen, um zu fragen, ob ich mitspielen dürfe.
Da, wo ich herkomme, wäre das das Selbstverständlichste auf der ganzen Welt gewesen.
Aber hier bei euch...
Bei euch kommt plötzlich eine Frau auf mich zugestürmt. Mit Panik in den Augen, und Hass... Hass auf alles, was sie nicht verstand, aber trotzdem in mir zu erkennen glaubte.
"Wer sind sie? Was machen sie mit MEINEN Kindern?", rief sie.
"Ich komme von weit her, und wollte mich nur ein wenig vergnügen.", versuchte ich ihr zu erklären. "Sagen sie... gäbe es vielleicht eine Möglichkeit, die Kinder von ihnen freizukaufen? Und wenn ja, wieviel möchten sie haben für beide?"
Ich meine, ich wollte wirklich nur höflich sein. Aber die Frau hat daraufhin panisch ihre Kinder von mir weggezogen... und kurze Zeit später verfolgten mich plötzlich ein paar eurer uniformierten Aufpasser, die ich nur mit Mühe und Not wieder abschütteln konnte. Und sowas passiert mir ständig! Das ist typisch für euer Land."
Das Mädchen konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.
"Vermutlich haben sie dich für einen Kinderschänder gehalten... Die Frau hat das sicher nicht böse gemeint. Sie wollte nur ihre Kinder beschützen..."
"Aber... aber ihre Kinder befanden sich doch überhaupt nicht in Gefahr!", rechtfertigte sich der Fremde. "Die haben selber am Allerwenigsten verstanden, wieso ihre Mutter auf einmal so komisch reagiert hat.
Die wussten genau, dass ich es nur gut mit ihnen meinte. Aber weißt du, was das Schlimme ist? In zwanzig oder dreißig Jahren... wenn sie selber Kinder haben, und einen Fremden entdecken, der gerade mit ihren Kindern spricht... dann werden sie genauso feindselig reagieren wie einst ihre Mutter. Vielleicht nicht ganz so hysterisch, aber zumindest doch voller Misstrauen.
Als ob irgendwann in eurem Kopf ein Schalter umgelegt wird...
Bis zu einem gewissen Alter erforscht ihr das Leben, seid bereit, euch darauf einzulassen und in allem, was ihr nicht kennt, zunächst einmal die Chancen zu sehen... und dann, KLICK, wollt ihr plötzlich nur noch verwalten, absichern und alles kontrollieren.
"Ist das nicht normal, in einer Welt, in der so viel Scheiße passiert?", entgegnete das Mädchen schulterzuckend. "Ich meine, die Kinder wissen das ja noch nicht. Aber wenn sie älter werden, sehen sie halt, wie viele böse Menschen es gibt... sie werden ausgenutzt, verarscht und missbraucht. Ich kenne das auch. Da wird man eben misstrauisch mit der Zeit, und bekommt es mit der Angst zu tun. Das ist doch irgendwie ganz natürlich, oder nicht?"
Der Fremde überlegte einen Moment, wie er ihr zu verstehen geben konnte, dass sie es sich mit einer solchen Entschuldigung doch ein wenig arg einfach machte.
"Weißt du...", sagte er schließlich. "Ich habe auf meinen Reisen schon die unterschiedlichsten Orte gesehen...
an einigen lebten die Menschen in der ständigen Gefahr, von unvorstellbaren Naturgewalten oder wilden Tieren heimgesucht zu werden. Aber sie fürchteten sich nicht, denn sie glaubten fest daran, dass alles, was mit ihnen geschah, einem höheren Sinn diente.
An einem anderen Ort lagen Millionen von Minen im Boden vergraben... Überbleibsel aus einem längst vergessenen Krieg. Aber die Menschen, die dort wohnten, fürchteten sich nicht. Denn in ihrer Überzeugung war das Leben nur eine vergängliche Illusion... ein Traum, in dem man abgesehen von ein paar netten Erinnerungen nichts gewinnen oder verlieren konnte, was am nächsten Morgen nach dem Aufwachen noch für irgendjemanden von Bedeutung gewesen wäre.
Oder einmal, da habe ich Krieger mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen in einen aussichtslosen Kampf ziehen sehen, weil in ihrem Glauben jene, die für eine gerechte Sache starben, nach dem Tod an einen Ort ewigen Friedens gelangten.
Also wenn du nun sagst, eure unbarmherzige Umgebung sei Schuld daran, dass sich die Menschen ab einem gewissen Alter so panisch an allem festklammern, was ihnen lieb und teuer erscheint, dann hört sich das für mich schon ein bisschen nach einer billigen Ausrede an.
Nicht die widrigen Umstände haben euch zu angstzerfressenen Materialisten werden lassen... ihr selbst habt euch aus freien Stücken für diesen Glauben entschieden, und reicht ihn nun wie selbstverständlich an eure Kinder und Enkelkinder weiter.
Ihr schreibt eure Namen auf Papier und hinterlegt sie in einem Amt.
Eure Leistungsfähigkeit bewertet ihr in Zahlen, heftet sie in Ordnern ab oder hängt sie euch an die Wand.
Das Geld, über das ihr verfügt... die Rechte und Pflichten, die ihr euch gegenseitig auferlegt habt... ja selbst das Verhältnis zu den Menschen, die ihr liebt... alles muss fein säuberlich notiert und in irgendwelchen Ordnern abgeheftet werden, damit es für euch so greifbar wird, dass ihr euch euer ganzes Leben daran festhalten könnt."
Der Fremde machte eine kurze Pause, dann packte er das Mädchen auf einmal energisch am Arm... mit einer Kraft, die sie ihm angesichts seiner eher schmächtigen Statur gar nicht zugetraut hätte, und rief:
"Spürst du das? So fest haltet ihr euch an allem! An eurer Herkunft, eurem Beruf, eurem sozialen Status, euren Mitmenschen. Euer ganzes Leben lang krallt ihr euch gerade zu panisch an jede Banalität, die ihr finden könnt... als ob allein eure fanatische Entschlossenheit ausreichen würde, um aus einer vergänglichen Illusion ein bis in alle Ewigkeit bestehendes Gut zu machen.
Doch dann... früher oder später... müsst ihr alle loslassen. Und es wird von eurem ganzen Streben nichts weiter übrig bleiben als ein schmerzender blauer Fleck. Ein Schmerz, den man ebenso gut hätte vermeiden können..."
Er ließ wieder von ihr ab, während sie sich ein wenig ratlos ob der plötzlichen Grobheit des Fremden den Arm rieb.
"Du denkst, ich rede wirres Zeug, hab ich Recht?", fügte er entschuldigend hinzu, als er ihren zweifelnden Blick bemerkte. "Du fragst dich, ob ich aus einer Anstalt entlaufen, oder einfach nur betrunken bin.
Aber weißt du... ich hab mir das alles nicht ausgesucht!
Ich wünschte wirklich, ich hätte Besseres zu tun, als hier rumzustehen und dir eine Ahnung davon zu vermitteln, wie fremdartig einem eure Gesellschaft erscheinen kann, wen man so wie ich von weit her kommt und nie gelernt hat, in einem Zustand ständiger gegenseitiger Umklammerung zu leben.
Aber ich habe nunmal nichts Besseres zu tun. Ich bin hier gestrandet... und was will man von Strandgut schon anderes erwarten, außer, dass es am Strand liegt und den vorübergehenden Passanten etwas über das Leben jenseits ihrer vertrauten Gewässer erzählt?"

Das Mädchen hatte Mitleid mit ihm, und auch ein wenig Verständnis. Schließlich fühlte sie sich in diesem Land manchmal ebenso Fehl am Platz wie der Fremde... und das, obwohl sie hier geboren und aufgewachsen war.
"Erzähl mir doch einfach ein bisschen mehr über deine Heimat... vielleicht verstehe ich es ja dann!", bat sie ihn mit einem schüchternen Lächeln. "Ist die Mentalität der Menschen dort wo du herkommst wirklich so anders? Und wie muss ich mir das vorstellen, dass ihr euch nicht so festkrallt an allem? Ich meine, wie äußert sich das konkret? Merkt man das sofort, wenn man bei euch durch die Stadt läuft, oder muss man die Leute dazu erst näher kennenlernen?"
"Wenn du nicht gerade blind und taub bist, merkst du das höchstwahrscheinlich sofort!", erwiderte der Fremde.
"Erstmal ist alles viel bunter und individueller bei uns... die Kleidung, die wir tragen, die Fassaden unserer Häuser, die Fahrzeuge, mit denen wir uns fortbewegen...
keiner macht dem anderen Vorschriften oder erfindet irgendwelche Normen, an die sich dann jeder, ob er will oder nicht, zu halten hat.
Und so gehen manche Leute gestylt durch die Straßen wie Filmstars, andere nur in ein billiges Tuch gehüllt, und wieder andere sogar völlig nackt, vor allem im Sommer, wenn es richtig heiß ist.
Aber dennoch zeigt keiner verächtlich mit dem Finger auf andere. Niemand würde auch nur daran denken, sich vom Aussehen eines anderen provoziert zu fühlen, oder diesem gar vorschreiben zu wollen, wie er sich zu bekleiden hat.
Und weißt du, warum das so ist?
Weil wir eine völlig andere Sichtweise auf unsere Mitmenschen haben als ihr.
Für euch sind eure Mitmenschen das Maß aller Dinge. Ihr definiert euch teilweise richtiggehend dadurch, wie ihr von ihnen bewertet und behandelt werdet. Ihr seid süchtig nach ihrer Anerkennung, wollt euch über sie stellen, um von ihnen bewundert zu werden, oder seht in ihnen eine potentielle Gefahrenquelle, die euch nicht mehr ruhig schlafen lässt.
Wie auch immer... jedenfalls nehmen sie in euren Gedanken einen wahnsinnig hohen Stellenwert ein.
Was denkt mein Nachbar wohl über mich?
Wie kann ich meine Freunde am besten beeindrucken?
Passt mein Kleid farblich zu der Hose, oder wird man sich hinter meinem Rücken darüber lustig machen?
Um solche Fragen dreht sich bei vielen von euch der gesamte Tagesablauf... da ist es dann natürlich kein Wunder, dass man sich gegenseitig argwöhnisch begutachtet und schnell auch mal ausrastet, wenn einem am anderen irgendwas nicht in den Kram passt.
Bei uns ist das völlig anders.
Für uns sind unsere Mitmenschen einfach ein Teil der Natur. Nicht viel anders als die Blätter an den Bäumen, die Vögel, die über uns kreisen, oder das Gras, auf dem wir uns fortbewegen...
Es ist für uns ganz selbstverständlich, dass sie so sind, wie sie nun einmal sind.
Wir kooperieren mit ihnen, wo es uns sinnvoll erscheint, und gehen auch gerne intimere Verbindungen miteinander ein... aber wir kämen niemals auf die Idee, uns aus ihnen irgendwelche Wunsch-Mitmenschen schnitzen zu wollen.
Das wäre einfach nur absurd.
Genauso absurd, wie wenn man ernsthaft versuchen würde, Steine in Gold zu verwandeln.
Steine sind Steine... Gold ist Gold... und andere Menschen sind eben andere Menschen.
Wir lassen jeden so sein, wie er sich am wohlsten fühlt.
So sind alle zufrieden, jeder kann sein eigenes Ding durchziehen. Und das spürst du einfach, wenn du dich in unseren Siedlungen umschaust... diese Freiheit, diese Ungezwungenheit...
Oder stell dir vor, du willst etwas einkaufen und gehst auf den Markt.
Bei euch ist das irgendwie immer mit Stress verbunden.
Die Verkäufer achten argwöhnisch darauf, dass sie von niemandem beklaut werden. Über den Eingängen eurer Kaufhäuser hängen Überwachungskameras, am Eingang stehen bullige Sicherheitsbeamte herum, die jeden kritisch beäugeln, dessen Aussehen oder Verhalten all zu sehr von der Norm abweicht... er könnte ja theoretisch etwas kaputt machen wollen oder sonst irgendwas Böses im Schilde führen.
Und auch die Kunden sind skeptisch, betrachten jede Ware mindestens zweimal, um sicherzustellen, dass sie auch ja nicht über den Tisch gezogen werden, weil sie genau wissen, dass im Grunde genommen doch alle nur an ihr mühsam erarbeitetes Geld wollen.
Man könnte also sagen, es ist ein Klima ständigen Misstrauens, in dem ihr eure Alltagsgeschäfte erledigen müsst... als ob ihr mitten in einem Bürgerkrieg wärt, bei dem keiner weiß, wo sich gerade der Feind befindet. Aber jeder weiß, dass der Feind existiert...
Naja, mir kam es jedenfalls anfangs so vor, als ich in euer Land gekommen bin, denn bei uns wäre eine so feindselige Grundstimmung völlig undenkbar.
In unseren Märkten wird niemand verdächtigt.
Es wird nicht miteinander gefeilscht, und es gibt auch keine Ladendetektive oder verärgerte Kunden, die sich über mangelhafte Produktqualität beschweren.
Unsere Märkte sind ein friedlicher, harmonischer Ort.
Ein Ort, an dem Menschen aus allen Teilen des Landes zusammenkommen, um
sich miteinander auszutauschen, neue Leute kennenzulernen, oder einfach nur, um die vielen angebotenen Waren zu bestaunen.
Gelegentlich stehen auch die Erzeuger dieser Waren daneben, damit man mit ihnen ein kurzes Schwätzchen halten kann. Aber meistens liegen die Waren einfach nur unbewacht herum, und jeder kann sich so viel davon mitnehmen, wie er gerade braucht.
Ganz ohne zu bezahlen oder sonstige Gegenleistungen zu erbringen... denn so etwas wie Geld hat für uns in Usbekistan keine Bedeutung."
"Echt? Ihr habt kein Geld? Und ihr handelt auch nicht auf eurem Markt?", unterbrach ihn das Mädchen ungläubig. Sie hatte ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit, dass sich das Leben in Usbekistan dermaßen krass vom Alltag in Deutschland unterscheiden würde.
Der Fremde lächelte mild.
"In meiner Heimat gibt es ein Sprichwort, das lautet: "Wenn du etwas zu geben hast, dann gib es aus freien Stücken.... oder behalte es und ersticke daran!"
Für uns wäre es unvorstellbar, eine Dienstleistung oder ein Produkt mit dem Hintergedanken anzubieten, daraus Kapital zu schlagen. Es würde dem, was wir zu geben haben, nur einen äußerst unangenehmen Nachgeschmack verleihen.
Wie wenn dich eine Prostituierte küsst, verstehst du?
Der Kuss mag technisch noch so einwandfrei ausgeführt werden... als halbwegs intelligenter Mensch wirst du trotzdem immer merken, dass dahinter keine echte Zuneigung steckt, sondern finanzielle Gewinnsucht, und manchmal gar nur die pure Verzweiflung.
Man kann sich natürlich einreden, dass das keinen großen Unterschied macht... genau, wie man sich auch einreden könnte, dass Brot, das von Leuten gebacken wurde, die das alles nur des Geldes wegen tun, genauso lecker schmeckt wie das Brot eines Bäckers aus Leidenschaft.
Ich meine, es ist vielleicht der selbe Teig, die selbe Rezeptur, der selbe Backvorgang... und trotzdem: Wenn du einmal von unserem Brot gekostet hast, wird dir das eure nur noch wie eine fade Kopie erscheinen.
Wenn dir einmal einer von uns seine Hand gereicht hat, um dir bei der Lösung eines Problems beizustehen, wirst du dir von euren professionellen Helfern, die euch nur deshalb ihre Hilfe anbieten, weil sie der Staat oder sonst irgendwer dafür bezahlt, gar nicht mehr helfen lassen wollen.
Es ist einfach nicht das selbe, ob dir jemand einen Dienst erweist, weil er wirklich an deinem Wohlergehen interessiert ist, oder ob er an dir nur seinen Job ausübt.
Es kann unter Umständen alles verändern...
Und weil dem so ist, bieten wir das, was wir anderen aufrichtig zur Verfügung stellen möchten, eben umsonst an. Das, was wir hingegen niemandem zur Verfügung stellen möchten, stellen wir auch niemandem zur Verfügung. Ist irgendwie ehrlicher, wenn du mich fragst...."
„Und wie wird dann sicher gestellt, dass es überhaupt immer genügend im Angebot gibt, damit niemand verhungern muss?", hakte das Mädchen sichtlich verwirrt nach. "Wer macht denn dann überhaupt noch einen Finger krumm, wenn er alles umsonst bekommen kann?"
„So ziemlich jeder, der es für unsinnig hält, den Ast abzusägen, auf dem er sich eigentlich verdammt wohl fühlt!", entgegnete der Fremde überzeugt. "Das System, das uns unsere Vorfahren hinterlassen haben, ermöglicht es uns, mit minimalem Aufwand das Maximum aus unserem Leben herauszuholen.
Kooperation und gegenseitige Hilfestellung, ohne einander dabei einschränken oder dominieren zu wollen... das ist nunmal für Humanoide ab einem bestimmten Grad von Intelligenz die optimale Form des Zusammenlebens. Zumindest wäre mir keine praktikable Alternative bekannt, die nicht über kurz oder lang zu gegenseitigem Hass, Gewalt, und damit zu einer enormen Vergeudung von Lebenszeit und Resourcen, führen würde.
Das Modell, das ihr bei euch praktiziert und als "soziale Marktwirtschaft" bezeichnet, ist zwar ein ganz netter Versuch... aber letztlich ist "soziale Marktwirtschaft" doch auch nur ein anderer Ausdruck dafür, dass der allgegenwärtige erbitterte Konkurrenzkampf eben in einem gewissen gesetzlichen Rahmen abläuft.
Stattfinden tut er allerdings trotzdem.
Ihr redet von Chancengleichheit... davon, dass jeder Mensch unabhängig von seiner Herkunft die selben Möglichkeiten haben soll, in eurer Hierarchie aufzusteigen und Karriere zu machen. Und manche von euch glauben allen Ernstes daran, dass eurer Gesellschaft eine goldene Zukunft bevorstünde, wenn es euch nur gelänge, die angestrebte Chancengleichheit auch wirklich konsequent in die Praxis umzusetzen.
Aber weißt du... ein sinnloses Blutvergießen, in dem absolute Chancengleichheit herrscht, wird trotzdem immer ein sinnloses Blutvergießen bleiben.
Die Aussicht auf gleiche Chancen mag die Motivation für jeden Einzelnen erhöhen, sich an diesem ganzen Konkurrenzkampfs-Schwachsinn überhaupt zu beteiligen... echten Frieden schenken wird sie eurer Gesellschaft nicht.
Denn für Frieden bedarf es eindeutig mehr als eine gerechte Verteilung der Waffen."
dian
unregistriert
20.03.2008 19:24 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Er machte eine kurze Pause, um seiner nächtlichen Bekanntschaft Gelegenheit zum Nachfragen zu geben... und wohl auch, weil er sich nicht sicher war, ob er sie mit seinen Schilderungen nicht vielleicht langweilen oder gar überfordern würde.
Doch als er bemerkte, mit welcher Aufgeschlossenheit sie ihm zuhörte, beschloss er, noch etwas weiterzuerzählen und ihr die auf seinem Heimatplaneten vorherrschende Denkweise in Form eines Gleichnisses näher zu bringen.
"Stell dir die Gesellschaft einmal als kleine Insel vor, auf der auf begrenztem Raum zahlreiche Bauern leben.
Jedem gehört ein Teil der fruchtbaren Felder dieser Insel, die vielleicht sogar flächenmäßig einigermaßen gerecht verteilt wurden, so dass es rein rechnerisch für alle zum Überleben reichen müsste.
Doch ein Bauer ist unglücklich, denn auf seinem Feld liegt ein schwerer, mächtiger Gesteinsbrocken, der ihn und seine Familie nun schon seit Generationen daran hindert, genauso viel Ertrag zu erwirtschaften wie ihre Nachbarn.
Also beschließt der Bauer eines Tages, dass der Stein nicht länger auf seinem Grundstück liegen soll. Wohin mit dem lästigen Brocken, ist ihm eigentlich völlig egal... Hauptsache weit weg von seinem eigenen Feld, damit er deswegen endlich keine Sorgen mehr haben muss. Er lehnt sich also so fest er kann gegen den Stein, der schließlich auch tatsächlich nachgibt und langsam in Richtung der Nachbarfelder rollt..
Die Nachbarn des Bauern wollen den Stein jedoch ebenso wenig auf ihrem Grundstück stehen haben, und so stemmen sie sich mit aller Kraft dagegen, noch bevor er ihre Felder überhaupt erreicht hat.
Egal, wohin der arme Bauer sein Problem, den Stein, auch abgeben möchte, überall trifft er auf erbitterten Widerstand. Es beginnt ein wildes Hin- und Hergeschiebe. Einige helfen dem Bauern aus Freundschaft oder taktischen Erwägungen heraus, andere kämpfen gegen ihn, wieder andere wollen einfach nur ihre Ruhe haben. Und so stehen irgendwann alle Bewohner der Insel um den großen Stein herum. Jeder drückt in eine andere Richtung... weg von dem eigenen Grundstück, hin zu einem Platz, der von ihm als geeigneter empfunden wird.
Mal setzen sich die einen durch, zermalmen dabei ein paar ihrer Gegenspieler, die unglücklicherweise unter den Stein geraten waren... dann sind wieder die anderen am Drücker, und der Stein rollt zurück.
Am Ende ist die ganze Insel ein verwüstetes Schlachtfeld. Die Bauern sind verwundet oder liegen völlig erschöpft auf dem Boden. Nur der Stein... der befindet sich immer noch in der Mitte der Insel, kaum einen Meter von seinem ursprünglichen Standort entfernt. Dabei wäre es doch so einfach gewesen... hätten sich die Bauern nur mal zusammengesetzt und erkannt, dass dieses Problem sie alle betrifft, und nicht nur den Bauern, auf dessen Grundstück der Stein ursprünglich stand. Dann wären sie ihm nämlich ohne lange zu zögern zur Hilfe geeilt. Jeder hätte von der selben Seite aus geschoben... womit man den störenden Stein ziemlich schnell für immer im Meer versenkt hätte.

Verstehst du, was ich damit sagen will? Anders, als die Propaganda euch weiszumachen versucht, belebt Konkurrenz eben nicht das Geschäft... sie wird höchstens kurzfristig dafür sorgen, dass jeder genug zu tun hat, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, genauer über den eigentlichen Sinn dieses ganzen Treibens nachzudenken. Langfristig jedoch wird dadurch nur zerstört und unnötig verkompliziert, was sich eigentlich, bei rationaler Herangehensweise, viel leichter in den Griff bekämen ließe.
In meiner Heimat haben das die Menschen schon vor langer Zeit erkannt...
Deshalb leistet jeder von uns seinen Anteil, der nötig ist, um das System am Laufen zu halten... springt dort ein, wo gerade Not am Mann ist, und versucht auch, unnötigen Konsum zu vermeiden, damit erst gar nicht so viel produziert werden muss.
Verzicht gilt bei uns als Tugend... anders als bei euch im Kapitalismus, wo man scheinbar um so mehr Anerkennung bekommt, je mehr man besitzt, und wo es sogar regelrecht erwünscht ist, dass alle Menschen möglichst viel konsumieren, damit eure auf ständiges Wachstum ausgelegte Wirtschaft nicht eines schönen Tages in sich zusammenbricht.
Ehrlich gesagt habe ich nie so ganz verstanden, wie man als vernunftbegabtes Wesen ernsthaft glauben kann, dadurch, dass man unnötig viele Ressourcen verbraucht, der Gesellschaft auch noch einen Dienst zu erweisen.
In so eine Logik kann man sich vielleicht reinsteigern, wenn man sie unbedingt glauben möchte... da wo ich herkomme, hätte man für eine solche Denkweise jedoch nur Hohn und Spott übrig..."

„Echt wahr? Ihr seid also richtige Kommunisten in Usbekistan?", antwortete das Mädchen mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Faszination. „Ich dachte immer, so etwas hätte noch nirgendwo all zu lange funktioniert.
Zumindest hier in Deutschland wäre eine solche Lebensweise wohl völlig undenkbar.
Wer würde denn dann noch freiwillig den Müll einsammeln, Toiletten reinigen oder am Fließband Autoteile zusammenschrauben, wenn er auch auf bequemere Weise an die Waren kommen könnte, die er begehrt?
Dass es Spaß machen kann, anderen Menschen eine Freude zu bereiten, einen Kuchen zu backen oder ähnliches, kann ich ja noch nachvollziehen. Aber was ist mit der ganzen undankbaren Drecksarbeit, die ja sicher auch bei euch anfällt?"
Der Fremde nickte verständnisvoll. Ihm war schon klar, dass das für jemanden, der hier auf der Erde geboren und aufgewachsen war, nicht leicht zu verstehen sein würde.
"Naja, wenn ihr eure Müllmänner schlecht bezahlt und sie darüberhinaus auch noch sozial ächtet, weil das Müllwegbringen in eurer Gesellschaft als Arbeit für Dummköpfe und Versager gilt, ist es doch kein Wunder, dass den Job niemand freiwillig ausführen möchte.
Aber stell dir einmal vor, es wäre anders...
Stell dir vor, die Müllmänner würden ein so hohes Ansehen genießen wie Richter, Bürgermeister und andere Würdenträger, weil jeder zu schätzen wüsste, was für einen wichtigen Dienst sie für die Gemeinschaft leisten.
Stell dir vor, niemand würde sie anschnauzen oder ihnen ständig irgendwelche Vorschriften machen...
Meinst du nicht, dass sich dann viele, vor allem junge Menschen, für eine solche Tätigkeit begeistern könnten?
Mit großen Maschinen hantieren, stundenlang durch die Stadt ziehen und dafür auch noch dankbar auf die Schulter geklopft bekommen... das müsste doch eigentlich auch euren Teenagern Vergnügen bereiten.
In meiner Heimat ist das jedenfalls so. Da machen das gerade die jungen Leute sehr gerne... zumindest eine zeitlang, bis sie andere Aufgaben finden, die sie mehr interessieren.
Ich selbst habe übrigens auch mal so ähnlich angefangen... lange, bevor ich, äh, Seefahrer wurde.
Ich habe mich zusammen mit ein paar Freunden um die städtische Kanalisation gekümmert.
Lach nicht... aber das hat teilweise echt riesigen Spaß gemacht! Wir sind schon ein verrückter Haufen gewesen, damals...
Die meiste Zeit haben wir da unten Technopartys gefeiert oder in den verzweigten, unheimlichen Gängen Gotcha gespielt.
Und in den Pausen haben wir den herumliegenden Müll eingesammelt und sämtliche Schäden behoben, die uns zuvor bei unseren Streifzügen aufgefallen waren.

Bei euch ist Arbeit vor allem deshalb eine so langweilige, todernste Angelegenheit, weil ihr sie selbst durch eure Bürokratie und hierarchische Denkweise dazu gemacht habt.
Aber Arbeit kann eben auch ganz anders sein, wenn die Arbeitenden nicht ständig von der Stechuhr oder irgendwelchen Vorgesetzten unter Druck gesetzt werden, und wenn die Gemeinschaft dafür sorgt, dass für die wirklich notwendigen Tätigkeiten immer deutlich mehr Arbeitswillige zur Verfügung stehen, als eigentlich rein rechnerisch benötigt werden würden.
Bei uns wird das durch ein intelligentes Computersystem gewährleistet, in dem jeder Bürger nachschauen kann, wo er seine Arbeitskraft gerade am sinnvollsten einsetzen könne.
Und falls man selber mal einen Helfer oder bestimmte Waren benötigen sollte, kann man seinen Bedarf ebenfalls dort eintragen, und der Computer kümmert sich dann darum, dass einem schnellstmöglich weitergeholfen wird.
Es ist wirklich kinderleicht, wenn man einmal weiß, wie es funktioniert.
Und das ist noch längst nicht alles!
Auch bei der Aneignung bestimmter Fertigkeiten leistet uns unser Computersystem nützliche Dienste.
Durch wirklichkeitsnahe Simulationen kannst du dich bei uns innerhalb weniger Wochen in Berufe einarbeiten, für die man in eurem Land eine langjährige Ausbildung absolvieren müsste.
Und wenn dir während der Arbeit dann noch immer irgendwas unklar ist, genügen wenige Knopfdrücke, um auf jede erdenkliche Frage eine passende Antwort zu bekommen, oder einen erfahrenen Experten hinzuzuschalten, der sich mit sowas auskennt.
So sind die Leute in ihrer Lebensplanung auch viel freier als bei euch...
Niemand verdammt sie dazu, dreißig Jahre den selben Job auszuüben, obwohl er ihnen längst keine Freude mehr macht, oder schon als Teenager darüber entscheiden zu müssen, mit welcher Tätigkeit sie sich für den Rest ihres Daseins beschäftigen wollen.
Wir passen die Arbeit unserem Leben an... nicht umgekehrt."

„Also, entweder du bist ein Träumer oder ein Außerirdischer.", meinte das Mädchen kopfschüttelnd. „Aber du kommst jedenfalls nicht aus Usbekistan!"
Das konnte ihr der Fremde nicht mal verübeln... schließlich hatte er schon wesentlich mehr ausgeplaudert, als es auf einem so unterentwickelten Planeten wie diesem eigentlich angebracht war. Doch irgendwas gefiel ihm nunmal an dem Mädchen. Sie war kritisch und aufgeschlossen zugleich. Eine Kombination, die ihm bislang nur selten an den Erdenbewohnern aufgefallen war. Die meisten von ihnen verkörperten entweder das eine oder das andere Extrem... glaubten entweder alles, was ihnen von anderen erzählt wurde, oder blockten sämtliche neuen Impulse in ihrem Leben kategorisch ab.
„Ja, du hast recht! Ich komme nicht aus Usbekistan.", gestand er ihr schließlich reumütig. „Ich bin ein Außerirdischer. Und ich weiß, dass Träume wahr werden können!"
Daraufhin erzählte er ihr die ganze Geschichte... von seiner Reise, dem Absturz... und davon, wie wunderbar unproblematisch das Leben auf seinem Heimatplaneten war.
Ungläubig hörte ihm das Mädchen zu, sichtlich darum bemüht, ihn nicht vor lauter Neugier vorzeitig zu unterbrechen. Doch schließlich konnte sie nicht mehr anders.
„Das ist ja alles total faszinierend, was du erzählst! Aber verrate mir: Wieso hat sich die Gesellschaft auf eurem Planeten so völlig anders entwickelt als bei uns? Mangelt es uns an Intelligenz, bekommen wir die falsche kosmische Strahlung ab, oder was ist der Grund dafür, dass bei euch scheinbar Dinge funktionieren, die sich die meisten Menschen auf der Erde nicht einmal richtig vorstellen können?
„Ich denke nicht, dass es an eurer Intelligenz liegt.", versicherte ihr der Fremde. "Jedenfalls konnte mein Scanner zwischen der Beschaffenheit eurer und unserer Gehirne keine signifikanten Unterschiede feststellen.
Es wird euch wohl einfach nicht beigebracht, eure Intelligenz so konsequent und allumfassend einzusetzen, wie ihr es eigentlich tun könntet.
Zwar lernt ihr, auf Kommando eurer Lehrer komplizierte Gleichungen zu lösen und später für die Karriere euer geistiges Potential bis zur letzten Gehirnzelle auszureizen. Aber scheinbar bringt euch niemand bei, euch von Menschen, die euch Kommandos geben wollen, oder von Jobs, die eure Lebenszeit stehlen, loszusagen.

Naja, aber falls es dich beruhigt:
Auch mein Volk hat einmal weit unter seinen eigentlichen Möglichkeiten gelebt.
Vor über hunderttausend Jahren... zu einer Zeit, aus der heute nur noch ganz wenige Aufzeichnungen erhalten geblieben sind... da gab es auch auf meinem Heimatplaneten eine Art kapitalistische Industriegesellschaft.
Sicher kann man das nicht eins zu eins mit der heutigen Situation in eurer Welt vergleichen... allein schon deshalb, weil wir eine ganz andere kulturelle Vorgeschichte hatten, andere Götter verehrten, und vor allen Dingen auch damals schon ein etwas anderes, ungezwungeneres Verhältnis zu unseren Mitmenschen pflegten.
Dennoch gibt es auch einige nicht von der Hand zu weisende Parallelen:
So hatten beispielsweise auch wir damals Handel getrieben und uns gegenseitig für unsere Hilfsbereitschaft bezahlt, mit Diamanten und anderen wertvollen Steinen, die wir als Währung benutzten.
Auch bei uns gab es so etwas wie das, was ihr heute als "Globalisierung" bezeichnet. Auch bei uns standen sich Profiteure und Verlierer dieser Weltordnung verfeindet gegenüber... mit all den negativen Begleiterscheinungen, die ihr auch aus eurer eigenen Welt kennt, wie Terror, Kriminalität und immer heftiger werdenden sozialen Unruhen.
Eine Zeit lang schien dies so etwas wie die tragische Endstufe unserer Entwicklung zu sein... doch dann bildete sich plötzlich wie aus dem Nichts heraus eine starke Gegenbewegung.
Zunächst waren es nur Einzelne, die dem sinnlosen Leistungsstreben den Rücken kehrten und andere Werte höher stellten als Konsum und Erfolgsdruck. Sie lebten für Ideale wie Gerechtigkeit, Freundschaft und Freiheit, und wurden damals von großen Teilen des Establishments bloß als „wohlstandsverblödete Träumer" verspottet... als Anhänger einer Modeerscheinung, die genauso schnell wieder von der Bildfläche verschwinden würde wie die vielen Modeerscheinungen zuvor.
Aber dieses eine Mal kam alles anders, denn im Lauf der Jahren fanden immer mehr Menschen gefallen an dem ehrlicheren, und letztlich auch zufriedeneren Leben, das diese Träumer führten.

Irgendwann stellten die großen Konzerne dann fest, dass sie auf ihren Waren sitzen blieben. Die Leute hatten damit aufgehört, immer das Neueste und Teuerste zusammenraffen zu müssen. Sie waren endlich satt geworden... denn sie hatten eingesehen, dass sie sich durch den hemmungslosen Konsum oft nur von ihren wahren Sehnsüchten und ihrem hektischen Alltag ablenken wollten.
Selbst Lebensmittel verkauften sich auf einmal nicht mehr besonders gut, da viele das, was sie zur Ernährung benötigten, mittlerweile selbst anbauten und dann in unbürokratischen Netzwerken kostenlos untereinander weiterverteilten.
Zunächst reagierte die Industrie mit Massenentlassungen auf die niedrigere Nachfrage. Doch dies führte nur dazu, dass sich noch mehr vom System enttäuschte Menschen den neuen Netzwerken anschlossen, um ein Leben jenseits von Verdienst und Konsum führten, womit dann natürlich erst recht kein Geld mehr für überflüssigen Tand übrig blieb.
Um nicht viele ihrer Kaufhäuser komplett schließen zu müssen, und um der Bevölkerung den Konsum wieder schmackhafter zu machen, ersonnen die großen Konzerne daraufhin eine List:
Sie riefen eine einmalige Aktion aus, in deren Verlauf es alles in ihren Läden umsonst geben sollte. In einem halben Tag, so dachten sie damals, wären alle Bestände restlos aufgebraucht, und diejenigen, die nichts umsonst abbekamen, würden die Waren dafür wieder bereitwillig käuflich erwerben wollen.
Doch die Konzerne hatten sich getäuscht. Sie hatten den geistigen Wandel, der sich bereits in großen Teilen der Bevölkerung vollzogen hatte, unterschätzt.
Nach einigen Wochen gab es in den Lagern immer noch mehr als genug Produkte, die von niemandem abgeholt worden waren.
Auch das Dienstleistungsgewerbe hatte Probleme, ausreichend Kunden anzusprechen. Die Leute schnitten sich ihre Haare lieber selber, als zum Friseur zu gehen, und nahmen sich Zeit, ihr Essen selbst zuzubereiten, statt Fast Food zu konsumieren.
So kamen schließlich auch die Friseure, Gastwirte und Taxifahrer auf die Idee, ihre Dienste für kurze Zeit werbewirksam gratis anzubieten. So lange sie ihre Fernseher, Kleider und Lebensmittel einfach ohne zu bezahlen in den Kaufhäusern abholen konnten, war dies ja auch kein all zu schlimmer Verlust für sie.
Jedenfalls, vereinfacht ausgedrückt: Auf einmal gab es alles umsonst, es wurden keine Löhne mehr ausgezahlt... und die Bevölkerung gewöhnte sich erstaunlich schnell an die neuen Verhältnisse.

Aber natürlich behagte dieses frische, solidarische Lebensgefühl längst nicht jedem.
So ließen etwa die Politiker und Führer, die wir damals noch hatten, nichts unversucht, um die Leute umzustimmen und die alten Zustände wiederherzustellen.
Sie schürten Panik, führten gefälschte Statistiken vor, die beweisen sollten, dass in der neuen Weltordnung über kurz oder lang jeder zweite von uns verhungern müsste... ja, sie versuchten sogar, kooperationsunwillige Bürger durch Gewaltandrohung wieder zum Verwenden von Zahlungsmitteln zu bewegen.
Wer weiß... wenn die politisch Verantwortlichen die Zeichen der Zeit verstanden und die Bevölkerung in deren Streben nach einer besseren Zukunft unterstützt hätten, anstatt ihr immer neue Steine in den Weg zu legen... vielleicht hätte man ihnen später zum Dank einmal ein Denkmal errichtet.
So hingegen erkannten die Menschen auf meinem Planeten endlich das wahre Wesen der Macht. Sie begriffen, dass hierarchisches Strukturen jeglicher Art wie eine starre, unbewegliche Rüstung waren, die einer Gesellschaft zwar Sicherheit und eine enorme Stabilität verleihen konnte, aber letztlich nur unnötig ihre Möglichkeiten und Bewegungsfreiheit einschränkte.
Niemand, der klar bei Verstand ist, käme jemals auf die Idee, in Friedenszeiten den ganzen Tag in einer unbeweglichen Ritterrüstung herumzulaufen.
Ja, selbst auf dem Schlachtfeld sind die Ritter in ihren glänzenden Panzern, die einst als Inbegriff überlegener Kriegstechnologie galten, ab einem gewissen Zeitpunkt in der Geschichte nur noch mitleidig belächelt worden.
Und genauso hatte eben auch die Evolution meines Volkes eine Phase erreicht, in der Hierarchien nichts mehr zusammenhielten oder gar schützten, sondern einfach nur noch unglaublich lästig waren.
Also vertrieb man die Mächtigen und deren wenige noch verbliebene Gehilfen schließlich aus ihren Palästen, zerstörte die Symbole ihrer Herrschaft und ächtete alles, was auch nur im Entferntesten mit Macht und Hierarchien zu tun hatte.
Bezeichnungen wie "König", "Präsident" oder "Anführer", die einstmals Respekt und Ehrerbietung auslösten, wurden zu den schlimmsten Schimpfwörtern, die du dir vorstellen kannst.

Weißt du, was man sich von unserem letzten König erzählt?
Der letzte König wohnte zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern in einem kleinen Häuschen.
Er war ein religiöser Fanatiker, schlug seine Frau, unterdrückte seine Kinder, und verbot ihnen den Kontakt zu allen anderen Menschen, da diese seiner Meinung nach vom Glauben an den einzig wahren Gott und dessen ewig gültigen Gesetze abgekommen waren.
Eines Tages klingelte einer der Nachbarn an seiner Tür.
"Was willst du?", fragte der letzte König mürrisch.
"Freiheit für alle!", rief der Nachbar, und schlug ihm mit einer großen, scharfen Axt den Kopf ab.
Seitdem will niemand mehr König sein bei uns.
Schon kleinen Kindern, die sich aus Übermut gegenseitig zu unterdrücken und fertigzumachen versuchen, erzählen wir zur Abschreckung diese Geschichte... zur Mahnung, was mit ihnen passieren wird, wenn sie den Weg der Könige einschlagen und sich über ihre Mitmenschen stellen.
Und weißt du was? Es funktioniert... denn es ist eben nicht nur eine Geschichte.
Wer sich, so wie eure Chefs, Politiker oder Adlige, über andere stellen würde, hätte in unserer Welt aufgrund seines asozialen Verhaltens deutlich mehr Nachteile als Vorteile zu erwarten.
Wir haben uns ein für alle mal von jeglicher Form von Knechtschaft und Tyrannei befreit, und leben so nun bereits seit Zehntausenden von Jahren ohne Kriege, ohne Gefängnisse, und ohne, dass irgendjemand Hunger leiden müsste..."

"Wow!", sagte das Mädchen sichtlich beeindruckt. Sie hatte sich eine solche Welt zwar schon manchmal in ihren Träumen vorgestellt, aber nie daran zu glauben gewagt, dass so etwas tatsächlich zu realisieren sei. "Keine Gefängnisse... also gibt es auch kein Verbrechen bei euch, und keine Polizei?"
Der Fremde zuckte ein wenig ratlos mit den Schultern... denn ihm erschien diese Frage reichlich überflüssig zu sein.
"Wozu bräuchten wir eine Polizei? Bei uns ist fast jeder gerne Freund und Helfer. Wenn dich, was sehr unwahrscheinlich ist, irgendjemand bedrohen sollte, würdest du an jeder Ecke jemanden finden, der sich für deine Rechte einsetzt oder dir Unterschlupf gewährt... während du hierzulande erst einmal umständlich den nächsten Uniformierten suchen müsstest, der sich für deine Probleme zuständig fühlt.
Die Menschen bei uns haben ein sehr ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl... und Stolz. Sie kämen nie im Leben auf die Idee, die Verantwortung für ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft an irgendwelche gedungene Söldner oder Staatsbedienstete abzugeben... denn diese Verantwortung mitzutragen, gehört für uns ganz selbstverständlich zu unserem Leben dazu. Wer sie aufgibt, gibt auch einen Teil seines Lebens auf, und degradiert sich selbst vom eigenverantwortlichen Spieler zum willenlosen Spielball anderer.
Ganz davon abgesehen, gibt es schlicht und ergreifend keinen rationalen Grund für einen Bewohner unseres Planeten, ungerechte Handlungen auszuführen.
Wozu stehlen, wenn du alles umsonst haben kannst?
Wozu vergewaltigen, wenn es so einfach ist wie bei uns, guten Sex in jeder möglichen Variation zu bekommen?
Wozu andere zusammenschlagen, wenn aggressives Machtgehabe nicht als "männlich" gilt, sondern schon von den Jüngsten als unglaublich peinlich und dumm angesehen wird?
Stell dir vor, in irgendeiner Jugendclique hier bei euch pinkelt sich der Anführer plötzlich vor allen Leuten in die Hose und fängt dazu auch noch jämmerlich zu weinen an.
Er wäre die Achtung seiner Clique vermutlich sofort los... weshalb er auch nie im Leben überhaupt auf die Idee käme, sich so zu verhalten.
Und bei uns ist es eben mindestens so peinlich wie sich in die Hose zu pissen, wenn man sich wie ein Arschloch verhält und anderen seinen Willen aufzuzwingen versucht.
Dafür muss man sich schämen. Ja, dafür kann man sogar auf der Straße angespuckt werden, und jeder würde es verstehen... so sehr ist dieses ganze Königsgehabe, was in eurer Welt verwirrenderweise manchmal "Verbrechen" und manchmal "Autorität" genannt wird, bei uns geächtet."

"Und was macht ihr auf eurem Planeten, wenn ihr gerade nicht füreinander arbeitet oder eure Könige anspuckt?", wollte das Mädchen wissbegierig in Erfahrung bringen. "Ich meine... wie sieht euer Alltagsleben aus? Lebt ihr mit euren Familien zusammen, in Kommunen, oder wie kann man sich das vorstellen?"
"Das ist ganz unterschiedlich.", erklärte ihr der Fremde mit einem leichten Anflug von Wehmut in der Stimme. "Manche leben mit ihren Blutsverwandten zusammen, andere wohnen in einer größeren Gemeinschaft... und wieder andere leben ganz für sich alleine. Jeder so, wie es ihm beliebt.
Der größte Gegensatz zu euch ist wohl, dass wir bei uns keine künstliche Trennlinie zwischen "Kindern" und "Erwachsenen" ziehen. Bei uns ist jeder, der für sich selbst sprechen kann und einen eigenen Willen hat, ein vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft... unabhängig von seinem Alter.
Zustände wie bei euch, dass Eltern beispielsweise selbst einem Vierzehn- oder Fünfzehnjährigen noch vorschreiben können, wann er abends daheim zu sein hat, oder ob seine Freundin bei ihm im Zimmer übernachten darf, wären bei uns unvorstellbar.
Hier bei uns bekommt jeder junge Bürger, sobald er zu einem selbständigen Überleben in der Lage ist, erstmal eine eigene Behausung zur Verfügung gestellt. Naja, das ist vielleicht nicht ganz mit euren aufwändig gebauten Einfamilienhäusern vergleichbar... aber zumindest ist es ein wetterfester Unterschlupf, der ganz alleine ihm gehört, und wo ihm niemand irgendwelche Vorschriften machen kann.
Klar wohnen viele trotzdem lieber mit ihren Eltern zusammen, in der vertrauten Umgebung der Gruppe, in die sie hineingeboren wurden... aber der entscheidende Unterschied ist eben: Sie müssen es nicht!
Allein wenn ich schon daran denke, wie bei euch Kinder die ersten sechzehn oder achtzehn Jahre ihres Lebens mit Menschen zusammenwohnen müssen, die sie im Grunde gar nicht leiden können... und das nur, weil sie eben das Pech hatten, zufälligerweise von primitiven Alkoholikern oder intoleranten Spießern gezeugt worden zu sein...
Da, wo ich herkomme, wäre das jedenfalls eine absolute Horrorvorstellung. So ähnlich, wie lebendig begraben zu sein.
Und bei euch müssen Hunderttausende in solchen Zuständen heranwachsen.
Mehr noch... sie müssen sich auch noch von klein auf an einen straffen Dienstplan gewöhnen, wie Soldaten in der Grundausbildung.
Hast du eine Ahnung, was los wäre, wenn man in meiner Heimat alle Jugendliche morgens aus dem Bett scheuchen würde, um sie dann dazu zu zwingen, stundenlang still auf einem Stuhl zu sitzen, und einer alten, unsympathischen Laberbacke bei deren Monolog zuzuhören?
Nach zwei Stunden würden sämtliche Schulen in Flammen stehen, das kann ich dir garantieren! Wir lassen uns nämlich nicht einsperren.... ganz egal, wie gut man uns die Notwendigkeit dafür auch begründen würde. Denn wir haben ein solches unterwürfiges Verhalten nie gelernt, und könnten es daher auch nie als "normal" akzeptieren."
"Habt ihr überhaupt Schulen bei euch?", fragte das Mädchen, der die Vorstellung, ihre Schule brennen zu sehen, sichtlich Vergnügen bereitete.
Aber der Fremde schüttelte nachsichtig den Kopf.
"Nicht so, wie du sie kennst. Uns ist euer ganzes Erziehungskonzept völlig fremd, wonach Kinder erst einmal fünfzehn oder zwanzig Jahre in speziell abgeschotteten Lebensbereichen herangezüchtet und trainiert werden, ehe man ihnen die Freiheit der Erwachsenen gewährt und sie in die große, weite Welt entlässt.
Bei uns lernen die Menschen ein Leben lang. Alle Mitmenschen, mit denen sie während des Älterwerdens Kontakt haben, sind ihre Lehrmeister... und der ganze Planet, ja, das gesamte Universum mit all seinen unbegrenzten Möglichkeiten, ist ihr Klassenzimmer.
Es gibt keine bürokratische Instanz, die festlegt, ab welchem Alter man welche Fähigkeiten beherrschen muss.
Bei uns sagt man: "Du musst Fähigkeiten spätestens dann beherrschen, wenn du sie brauchst. Falls du sie jedoch brauchen solltest, obwohl du sie noch nicht beherrschst... dann beeil dich mal besser!"
Verstehst du? Das ist so die vorherrschende Mentalität bei uns... alles kann, manches sollte, aber nichts muss."

"Cool!", sagte das Mädchen begeistert. "Bei uns sehen das die Erwachsenen leider nicht so locker. Die denken eher: "Wenn du etwas nicht kannst, dann muss man dich dazu zwingen, es möglichst schnell zu lernen... sonst wirst du irgendwann kein eigenes Geld verdienen können, auf die schiefe Bahn geraten und der Gemeinschaft große Unannehmlichkeiten verursachen."
Der Fremde nickte zustimmend.
"Ja... so scheinen bei euch viele der Älteren zu denken.
Aber natürlich sagen sie das ihren Kindern nicht so direkt ins Gesicht.
Sie sagen ihnen nicht: "Du musst brav zur Schule gehen und den Befehlen der Erwachsenen gehorchen, weil wir dich als potentielle Bedrohung unseres Wohlstandes ansehen und daher besser erstmal deinen Willen brechen, bevor du groß genug bist, um uns gefährlich werden zu können."
Nein... so ehrlich sind eure Alten nicht zu ihrem Nachwuchs.
Stattdessen erzählt man den Kindern irgendeinen Blödsinn, wie dass man es ja nur gut mit ihnen meint, und dass sie einem später, wenn sie älter sind, sogar dafür dankbar sein werden, dass man ihnen einst so viele Regeln, Verbote und Strafen auferlegt hat.
Trifft diese wagemutige Vorhersage dann jedoch wider Erwarten nicht ein, weil die Kinder älter werden und trotzdem partout nicht dafür dankbar sein wollen, dass ihnen ihr junges Leben von allen Seiten unnötig schwer gemacht wird, dann ist das Geschrei und die Ratlosigkeit auf einmal groß:
"Warum ist unsere Jugend so verkommen? Wieso haben die keinerlei Respekt vor ihren Mitmenschen?? Und wer hat ihnen das bloß beigebracht??"
Seit unzähligen Generationen schimpfen die Alten auf diese Weise über die missratene Jugend... ganz ähnlich, wie sich ein untalentierter Künstler darüber aufregt, dass sich sein Gemälde standhaft weigert, wie ein großes Meisterwerk auszusehen, obwohl er doch in bester Absicht so viele hochwertige Farben auf die Leinwand geklatscht hat.
Dabei liegt die Antwort doch eigentlich auf der Hand:
In der Verkommenheit der Jugend spiegelt sich in erster Linie die Unfähigkeit ihrer Vorfahren wider, eine Gesellschaft zu errichten, die allen gerecht wird und nur das Beste im Menschen zum Vorschein bringt.
Aber viele von euch sind wahre Meister darin, diesen Zusammenhang unter den Teppich zu kehren.
Die einen tun es als ganz natürliches Verhalten ab, dass Jugendliche in einem gewissen Alter respektlos mit ihren Mitmenschen umgehen, Scheiße bauen und sich ständig gegenseitig beweisen wollen, wie cool sie sind. Angeblich soll es an den Hormonen liegen... an irgendwelchen chemischen Reaktionen, die während der Pubertät im Gehirn der Jugendlichen ablaufen.
Andere suchen die Schuld beim Fernsehprogramm, bösen Computerspielen oder den ihrer Ansicht nach viel zu laschen modernen Erziehungsmethoden.
Die wahren Ursachen hingegen, die für aufsässiges Verhalten und die wachsende Gewaltbereitschaft unter euren jungen Leuten verantwortlich sind, getraut sich kaum einer von euch einzugestehen.

In eurer Welt gelten Kinder als unreife, dumme Kreaturen, die sich erstmal in unzähligen harten Prüfungen bewähren müssen, damit man ihnen gesellschaftlichen Respekt entgegen bringt.
Im Grunde ist ihr Leben von Kindesbeinen an ein verzweifelter Kampf um Anerkennung und darum, endlich ernst genommen und als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft akzeptiert zu werden.
Bei uns hingegen wird man ganz automatisch geachtet und respektiert. Von Geburt an, ohne dafür irgendwelche Fähigkeiten oder ein bestimmtes Auftreten vorweisen zu müssen. Und so lange man sich nicht all zu sehr daneben benimmt und anderen seinen Willen aufzuzwingen versucht, wird man in unserer Gesellschaft auch ein Leben lang geachtet bleiben.
Verstehst du? Es gibt für unsere Jugendlichen schlicht und ergreifend keinen Grund, hirnrissige Mutproben abzulegen, nur um irgendwelche Gleichaltrigen zu beeindrucken, oder aggressiv gegen ältere Menschen aufzutreten, um sich Respekt zu verschaffen. Denn niemand zweifelt an ihnen. Niemand sagt ihnen "Leiste erst mal was und beweise uns, was du kannst, bevor wir dich ernstnehmen!"
Bei euch dagegen wird das den Kids doch von allen Seiten zugerufen.
"Beweise uns erstmal, was du kannst!", sagen die Leute, in deren Clique man will.
"Beweise uns erstmal, was du kannst!", sagen die Erwachsenen, deren Freiheiten man genießen möchte.
"Beweise uns erstmal, was du kannst!", sagen die Medien, die Politiker, die Lehrer...
und dann fällt oft noch der schöne Satz: "Werde endlich erwachsen!".
Soll heißen: "Werde anders, als du bist, denn momentan bist du nur ein unvernünftiges Kind... ein Fehler, der ausgemerzt werden muss. Also verleugne dich selbst! Imitiere andere! Werde wie sie!"
Ihr müsst mit dieser ganzen Scheiße aufwachsen... ja, jene von euch, die nicht mit genügend Fantasie gesegnet sind, um sich vor diesem unbarmherzigen Chor der Erwachsenen in andere Welten zu flüchten, kennen oftmals gar keine anderen Stimmen mehr als jene, die ständig fordernd in ihren Ohren widerhallen:
"Beweise uns erstmal, was du kannst!" und "Werde anders, als du bist!"
Dann kommen natürlich auch noch die Hormone dazu, der alltägliche Frust in der Schule, und all die vielen Möglichkeiten, die einem durch die Lappen gehen, weil man entweder noch zu jung ist oder nicht über das nötige Geld verfügt...
Und da wundert ihr euch allen Ernstes noch darüber, dass eure Jugend immer asozialer wird??
Das liegt einfach in der Natur der Sache, glaub mir. Und es wird noch viel schlimmer werden in eurer Welt, wenn die Erwachsenen das nicht endlich mal kapieren und damit aufhören, junge Menschen künstlich in irgendwelche Richtungen lenken zu wollen, wo diese von ihrer Bestimmung her eigentlich gar nicht hingehören.
In meiner Heimat gibt es jedenfalls keine Probleme mit Jugendkriminalität oder dergleichen. In unseren Unterführungen stapeln sich nicht die Scherben von Flaschen, die irgendwelche übermütigen Kindsköpfe dort zerschlagen haben... und kein junger Mensch käme je auf die Idee, sich einer Gruppe von Hirnamputierten anzuschließen und sich mit einer anderen Gruppe Hirnamputierter bis aufs Messer zu bekämpfen, nur weil irgendwer aus der einen Gruppe irgendjemanden aus der anderen dumm angeguckt hat.
Damit eine hoffnungsvolle Saat so dermaßen verkommen kann, muss sie schon auf einen extrem verseuchten Boden gestreut worden sein..."

"Und was ist mit der Liebe?", fragte das Mädchen skeptisch. "Wenn sich zwei von euch in die selbe Frau verlieben, oder der Partner in einer Ehe fremdgeht... dann fliegen doch sicher manchmal auch bei euch die Fetzen, oder?"
Der Fremde stieß einen merkwürdigen Laut aus, der in seiner Heimat wohl dazu diente, seiner Belustigung Ausdruck zu verleihen.
"Liebe ist das allerletzte, wegen was man sich bei mir zuhause in die Haare kriegen würde!
Sowas kann doch nur passieren, wenn man unter "Liebe" das Gefühl versteht, einen anderen Menschen besitzen und kontrollieren zu wollen. So, wie der letzte König aus der Geschichte... Der hat auch gemeint, seine Frau und seine Kinder wären sein Eigentum, und dass er deshalb das Recht hätte, aus "Liebe" alles zu tun, um dieses Eigentum für immer in seiner Nähe zu behalten.
Aber das ist keine Liebe in dem Sinn, wie wir sie verstehen.
Für uns bedeutet Liebe, von einem anderen Menschen so fasziniert zu sein, dass man sich freiwillig dazu entscheidet, diesem Menschen zu dienen, und ihm ein treuer, selbstloser Gefährte zu sein.
Man kann nur demütig hoffen, dass diese Bewunderung auch auf Gegenseitigkeit beruht und entsprechend erwidert wird... aber man kann das doch nicht erzwingen, in dem man rumschreit oder sich mit den Konkurrenten darum prügelt wie eine Gruppe Rugbyspieler um ihren Ball.
Das ist absurd! Ihr beschmutzt dieses wunderbare Gefühl geradezu, in dem ihr auf diese Weise miteinander umgeht.
Genauso, wie ihr es beschmutzt, in dem ihr in Gesetzen festlegt, wer sich ab welchem Alter lieben darf, oder dass es nicht gestattet ist, mehrere Menschen gleichzeitig zu lieben...
Ich kenne in meiner Heimat viele glückliche Beziehungen, in denen mehr als zwei Menschen miteinander zusammenleben. Bei euch wäre das unmoralisch... ein paar meiner Freunde würdet ihr wahrscheinlich sogar als "pädophil" bezeichnen und am liebsten kastrieren lassen.
Aber das liegt nur an eurer beschränkten Sichtweise. Für euch gibt es immer nur "gut" oder "böse", "richtig" oder "falsch", "legal" oder "illegal", "erwachsen" oder "minderjährig". Doch so eindimensional ist das Universum nicht aufgebaut...
Manchmal glaube ich, die allermeisten von eurer Spezies würden keinen Monat da draußen überleben. Sie würden jämmerlich verdursten, weil sie irgendwann zu essen und zu trinken vergessen würden bei dem verzweifelten Versuch, alles, was im Universum vor sich geht, zu untersuchen, in Paragraphen zu packen, mit Warnschildern zu versehen und möglichst schnell zu verbieten, bevor sich irgendjemand daran verletzen könnte.
Ihr würdet weder zum Leben, noch zum Lieben kommen vor lauter Angst."

"Da wo du herkommst, verachtet man uns für das, was wir sind... hab ich Recht?", fragte das Mädchen, ein wenig traurig darüber, dass vielleicht selbst dort hinter den Sternen, wo sie immer hinblickte, wenn sie sich wieder einmal einsam fühlte, niemand war, der ernsthaft etwas mit ihr zu tun haben wollte.
"Ihr seht uns als unterentwickelte Barbaren an, denen man nicht vertrauen kann, und die man daher besser nur aus der Ferne betrachtet... zumindest, wenn ihr nicht gerade zufällig mit eurem Raumschiff auf unserem Planeten abgestürzt seid und euch irgendwie die Langeweile vertreiben müsst. Ist es nicht so?"
"Manche von uns denken so. Andere nicht.", erwiderte der Fremde. "Aber das darfst du nicht persönlich nehmen...
Niemand von uns empfindet in irgendeiner Weise Hass auf euch, oder wünscht euch Böses. Da ist allerdings viel Gleichgültigkeit, wenn man sich so umhört... und Mitleid. Mitleid, wie man es etwa mit einem wilden Tier hat, das sich mit den Hinterläufen in einer Bärenfalle verfangen hat und höchstwahrscheinlich bald verenden wird.
Naja, was soll ich sagen? Ihr haltet euch selbst und den Fortbestand eurer Art für so wahnsinnig wichtig... doch unter kosmischen Maßstäben betrachtet seid ihr nunmal nicht viel mehr als eine unbedeutende, vergängliche Randerscheinung.
Ein Planet, an dem die meisten achtlos vorüberfliegen, weil es da einfach nichts gibt, wofür sich ein längerer Aufenthalt lohnen würde. Wenn sich überhaupt mal jemand für eure Spezies interessiert, dann meistens so komische Vögel wie ich... Forscher, Glücksritter, Masochisten... vereinzelt auch ein paar Romantiker, die euch noch nicht ganz abgeschrieben haben, und euch gerne dabei helfen würden, das wahre Potential zu entfalten, das in euch steckt.
Das ist nur leider nicht so ganz einfach. Auch nicht für Wesen wie uns."
"Hey, mir kommt da gerade eine gute Idee!", rief das Mädchen freudig aus. "Ihr könntet doch mit euren UFOs einfach irgendwo auf der Erde landen, ganz spektakulär, vor laufenden Fernsehkameras, und den Menschen dann einmal gründlich ins Gewissen reden..."
"Ja, könnten wir... aber so funktioniert das leider nicht.", meinte der Fremde mit einem bedauernden Kopfschütteln. "Das wäre, wie wenn ihr in der Zeit zurückreisen würdet in eure eigene Vergangenheit... sagen wir, so zehn- oder zwanzigtausend Jahre... als eure Vorfahren noch Jungfrauen in den Vulkan schmissen, um irgendwelche Feuergötter zu besänftigen. Und ihr, schockiert über eine solche Primitivität, würdet euch dann vor sie hinstellen, sie erstmal mit dem Blitz eures Fotohandys erschrecken und ihnen dann als Beweis, dass ihre moralischen Ansichten zutiefst rückständig sind, die UN-Menschenrechtscharta oder die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland in die Hand drücken.
Ich denke, es gäbe dann genau zwei Möglichkeiten:
Entweder, ihr würdet eure Vorfahren ziemlich wütend machen und gleich mit in den Vulkan geworfen werden, oder sie würden in Zukunft euch anbeten, weil ihr so mächtig seid, dass ihr sogar ihren grausamen Feuergott in die Schranken weisen konntet.
Doch wirklich verstehen würden sie eure Beweggründe nicht.
Erkenntnis ist nunmal nichts, was man von außen in ein bestehendes Gefüge hineinpflanzen könnte... Die Erkenntnis muss sich vielmehr aus jedem Einzelnen heraus entwickeln, sonst würde sie immer nur eine billige Imitation bleiben."

"Und was würdest du mir raten?", hakte das Mädchen nach. "Ich meine, wenn du an meiner Stelle wärst und dieser beschissene Planet die einzige Heimat wäre, die du hättest... Was würdest du tun?"
"Willst du das wirklich wissen?", erwiderte der Fremde nachdenklich. "Ich glaube, ich würde jede Nacht an einen Ort wie diesen gehen, hinauf zu den Sternen schauen und mir vorstellen, dass ich hier nur ein Fremder wäre... ein Außerirdischer, der durch eine Verkettung unglücklicher Umstände hier gestrandet ist, und der zumindest noch hoffen kann, dass irgendwann jemand kommt und ihn abholt.
Ich würde mir einen Haufen verrückter Geschichten ausdenken..
Keine Ahnung... vielleicht würde ich auch versuchen, mir irgendwie ein Raumschiff mit Warp-Antrieb zu bauen..."
Er zögerte einen Moment, denn er erkannte am Blick des Mädchens, das sie sich von ihm wohl eine ganz andere Antwort erhofft hatte... eine, die etwas konstruktiver und weniger ernüchternd war.
"Nun schau mich nicht so vorwurfsvoll an! Ich bin nicht feige oder sowas. Da wo ich herkomme, existiert ein solches Wort überhaupt nicht.
Ich habe schon als Vierzehnjähriger gemeinsam mit meinen Freunden Drachen gejagt, bin durch gefährliche Asteroidenfelder geflogen und habe mich am Ende des bekannten Universums mit einer Horde ganz übler Gestalten angelegt.
Aber dieser Kampf um die Zukunft, den ihr auf eurem Planeten zu führen habt... der wäre definitiv ein paar Nummern zu groß für mich.
Ich meine, wenn es nur darum ginge, zwei oder drei gierige Könige zu bekämpfen, die eure Spezies unterdrücken, würde ich sagen: Ok, kauft euch Waffen, trainiert fleißig und dann stürmt die Paläste dieser Schurken und macht ihrer Herrschaft ein Ende.
Aber eine so festgefahrene Gesellschaftsordnung wie die eure zu bekämpfen und schließlich zu überwinden? Das ist ungleich komplizierter, glaub mir.

Ist dir überhaupt klar, wie viel Herzblut, wieviel Energie und Lebenskraft tagtäglich darin investiert wird, damit alles so bleibt, wie es ist?
Überleg dir mal... wie viele Millionen Soldaten, Ritter und Söldner haben im Lauf eurer Geschichte schon ihr Leben gelassen, damit eine Nation oder ein Königreich mächtiger wird als alle anderen?
Wie viele Arbeiter haben sich sprichwörtlich zu Tode geschuftet, um wenigstens ein kleines Stückchen vom gesellschaftlichen Wohlstand abhaben zu können? Wie viele einst so unschuldige Kinder verrieten ihre große Liebe, ihre Freunde und alles, was ihnen sonst noch heilig war, nur um Karriere zu machen und sich irgendwann ein teureres Auto leisten zu können als die anderen?
Ich kann es dir gern sagen: Es sind Millionen, wenn nicht Milliarden, die sich schon dafür aufgeopfert haben, dass sich so schnell nichts ändern wird auf eurer Welt!
Denkst du, wenn da ein paar tausend intelligente junge Menschen Flugblätter verteilen und ein- oder zweimal im Jahr auf den Straßen demonstrieren geht, um für die Abschaffung von Nationen, Geld und Machtstrukturen einzutreten, wiegt das den enormen Einsatz wieder auf, mit dem die Gegenseite seit Jahrtausenden für ihre Weltanschauung kämpft?
Ich fürchte, ihr hättet schon viel eher damit anfangen müssen, hierarchisches Denken und Gier in eurer Gesellschaft zu ächten... vor vielen Generationen, als ihr noch nicht so viele wart und sich Systeme noch mit einer handvoll mutiger Krieger umstürzen ließen.
Jetzt sind die falschen Denkmuster schon so ins kollektive Bewusstsein eurer Spezies einzementiert, dass es verdammt schwer werden dürfte, das alles jemals wieder vollständig aus den Köpfen der Bevölkerung herauszubekommen.

Ganz gleich, wie rechtschaffen ihr auch auftreten werdet... egal, wie sehr ihr auch darauf achten mögt, bei euren Aktionen keine Unschuldigen in Mitleidenschaft zu ziehen... ihr müsstet trotzdem unzählige eurer Mitmenschen verletzen.
Ihr werdet sie zwangsläufig verletzen, wenn ihr vieles von dem in Frage stellt, was diesen Menschen heilig ist, und woran sie sich seit Generationen festhalten...
Die Erziehung, die sie genossen haben, ihre Religion, die Art, wie sie miteinander umgehen, und wie sie sich durch ihre gesellschaftliche Funktion definieren...
Niemand lässt sich gern attestieren, dass seine Art zu leben der Evolution im Weg steht.
Selbst der rückständigste Neandertaler würde euch eher mit seiner Keule auf die Schnauze hauen, als sich einzugestehen, dass irgendwas an seiner Lebensweise rückständig sein könnte.
Um genau zu sein, werden sie euch sogar um so mehr hassen, je rückständiger sie tatsächlich sind, und je gerechtfertigter eure Kritik an ihnen eigentlich wäre.
Oh nein... es ist definitiv kein dankbarer Job, festgefahrene Denkmuster zu bekämpfen und der Gesellschaft, so wie jedem einzelnen in ihr lebenden Menschen, einen Spiegel vorzuhalten, der sie so zeigt, wie sie wirklich sind... in ihrer ganzen Unvollkommenheit...
Sowas will doch keiner sehen, mein Mädchen. Sowas will keiner sehen!"
"Aber du hast doch selbst gesagt, dass es bei euch auch funktioniert hat, die gesellschaftlichen Strukturen radikal umzukrempeln...", widersprach sie und schaute ihm beinahe flehend in die Augen.
"Ja. Weil die Zeit einfach reif für diese Veränderungen war!", sagte der Fremde und überlegte, wie er ihr den Grund für seine Skepsis am Besten begreiflich machen konnte.
"Ich weiß nicht, ob das bei euch auch schon der Fall ist.
Eure technologische Entwicklung ist in den letzten zweihundert Jahren erschreckend schnell abgelaufen... deutlich schneller als bei uns damals.
Überleg es dir: Vom ersten Flug eines Menschen mit einer Maschine bis zum massenhaften Einsatz der Flugzeuge als Kriegswaffen dauerte es gerade mal zehn Jahre. Nur weitere dreißig Jahre später habt ihr bereits die ersten Atombomben aufeinander abgeworfen.
Ihr seid so schnell von einer mittelalterlichen Agrargesellschaft ins Computerzeitalter geeilt, dass auch heute noch unzählige eurer Rechner von Leuten bedient werden, die eigentlich viel eher auf einen Rübenacker gehören würden, weil sie geistig noch nicht über die Weltanschauung eines hinterwäldlerischen Bauern hinausgekommen sind.
Euer spiritueller Reifeprozess konnte mit der raschen technologischen Entwicklung einfach nicht schritthalten... man kann wohl in gewisser Weise sagen, ihr habt euch auf der Suche nach einer besseren Zukunft selbst überholt, und realisiert nun erst ganz allmählich, dass auf dem Weg irgendetwas Wichtiges von euch abhanden gekommen ist.
Vielleicht wäre es besser gewesen, eure Spezies hätte erst noch ein paar tausend Jahre Schafe gezüchtet und sich im friedlichen Koexistieren geübt, anstatt schon Raumschiffe zu bauen und leichtfertig mit nuklearen Kettenreaktionen zu spielen, während sich auf der Erde noch ganze Volksgruppen verfeindet gegenüberstehen.
Bei uns war man damals schon ein ganzes Stück weiter.
So gab es beispielsweise, anders als bei euch, auf meinem Planeten längst keinen Rassismus mehr, als meine Vorfahren das erste Mal auf einem unserer Monde gelandet sind.
Man sollte erst gar nicht daran denken, den Weltraum zu erobern, so lange man sich nicht einmal selbst unter Kontrolle hat."
"Aber wir können die Zeit nunmal nicht zurückdrehen...", seufzte das Mädchen niedergeschlagen. "Heißt das denn, dass es völlig hoffnungslos ist, etwas verändern zu wollen?"
Der Fremde schaute ihr einfühlsam in die Augen und sagte:
"Weißt du überhaupt, was das Wort "hoffnungslos" bedeutet? Es bedeutet, dass es niemanden mehr gibt, der noch Hoffnung besitzt. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: So lange auch nur ein Einziger da ist, der noch hofft, kann eine Sache gar nicht hoffnungslos sein!
Nimm nur mal mich als Beispiel:
Viele würden es auch nicht gerade als wahrscheinlich betrachten, dass ich in absehbarer Zeit von diesem Planeten wegkomme. Ich war auf einer langen Reise, nur für mich allein... Niemand zu Hause weiß genau, wo ich sein könnte.
Trotzdem würde ich nie die Hoffnung aufgeben, eines Tages meine Heimat wiederzusehen.
Denn es geht bei solchen Dingen überhaupt nicht um Wahrscheinlichkeit.
Wenn man einfach seine Träume begraben würde, nur weil sie nicht gerade realistisch sind... nun, dann käme vermutlich so etwas Ähnliches raus wie hier bei euch auf der Erde. Menschen, die die kalte, bürokratische Gesellschaft, in der sie leben, zwar eigentlich gar nicht wirklich wollen, aber aufgrund von sogenannter "Vernunft" und nüchternen Wahrscheinlichkeitsrechnungen dennoch nie auf die Idee kämen, einfach mal etwas grundsätzlich anders zu machen als ihre Vorfahren.
Aber wer weiß... vielleicht wird auf eurem Planeten ja schon bald eine Generation heranwachsen, die eine natürliche Immunität gegen diese festgefahrenen Denkmuster besitzt. Eine Generation, die sich von den Zuständen und Zwängen in eurer Gesellschaft instinktiv abgestoßen fühlt, und gar nicht anders kann, als allen Widerständen zum Trotz ihre ganz eigenen Vorstellungen von "Leben" Wirklichkeit werden zu lassen..."
Er legte sanft seine kalte Hand auf ihre Wange... und aufgrund seines melancholischen Blickes war ihr sofort klar, dass dies bei ihm Zuhause kein zärtlicher Annäherungsversuch war, sondern eine Geste des Abschiedes.
"Die Zukunft ist noch nicht geschrieben, glaub mir. Es ist unser aller Handeln, das sie erst noch entstehen lässt. Denk immer daran: Du bist nicht nur Leser, sondern auch Co-Autor dieser Geschichte. Lass dir von niemandem den Stift aus der Hand nehmen, ok?"
Das Mädchen nickte nur, und sagte leise "Danke. Danke für deine Ehrlichkeit..."
Sie ahnte, dass es keinen Zweck hatte, ihre nächtliche Bekanntschaft zum Bleiben zu bewegen.
Schließlich war er nicht ihretwegen hier... und auch nicht, weil er sich wirklich für das Wohl ihres Volkes interessierte. Er hatte einfach nur einen Unfall gehabt und wartete nun am Straßenrand sehnsüchtig auf den Abschleppdienst.

Während sie noch überlegte, ob es dennoch angemessen wäre, ihm ihre Handynummer mitzugeben, nahm sie in ihrem Augenwinkel einen hellen Lichtschein wahr... als ob eine ungewöhnlich große Sternschnuppe just in diesem Moment über ihre Köpfe hinweg flog.
"Sieh mal!", sagte sie, und deutete in den Himmel, wo sich ein gleißender Schweif ebenso schnell, wie er erschienen war, wieder in der Atmosphäre verlor. "War das einer von euch? Oder war das nur..."
Sie wandte sich wieder in seine Richtung, um seine Reaktion zu beobachten. Doch ihr Blick ging ins Leere.
Der Fremde war fort. Und egal, wie sehr sie sich auch umschaute und in die den Hügel umgebende Dunkelheit lauschte... sie konnte nicht mehr die geringste Spur von ihm entdecken.
Seine Worte allerdings... die Worte von Freiheit und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft... hallten noch lange in ihren Gedanken wider. Auch Jahre später noch, wann immer sie sich einsam und unverstanden fühlte, weil ihre ungezwungene Lebensweise nicht so recht mit dem streng geordneten Weltbild ihrer Mitmenschen harmonieren wollte...
Immer wieder dachte sie dann mit einem geheimnisvollen Lächeln auf den Lippen an diese eine Nacht zurück.
Es war die Nacht, in der sie sich geschworen hatte, nie wieder am Wert ihrer Träume zu zweifeln.
Und diesem Schwur ist sie bis heute treu geblieben.
dian
unregistriert
20.03.2008 19:26 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Lasst mich bitte wissen, wenn ihr Fehler findet. thanx
dian
unregistriert
23.03.2008 01:17 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Eigentlich hatte ich mir ja fest vorgenommen, an dem Tag, an dem ein neuer Text von mir bei euch keinerlei Reaktionen mehr auslöst, das Schreiben an den Nagel zu hängen und stattdessen mit dem Malen von Aquarellen anzufangen...
aber wollt ihr euch die wirklich anschauen müssen??
Also sagt endlich mal was dazu! (ich halte den Text ja eigentlich für einen meiner besten bisher. Aber gut... bei DSDS entscheidet auch nicht unbedingt immer die Qualität des Gesangs darüber, ob man in die nächste Runde gewählt wird.)

Xoc

lol

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23.03.2008 04:25 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Ähm, die User hier sind alle zu feige dir zu sagen, dass sie den Text nicht ganz so toll finden und wollen dich deswegen nicht mit Kritik demotivieren, sondern hoffen, dass irgendjemand anderes was Positives dazu sagt.

Trichter den Feiglingen mal ein, dass du lieber Kritik hören willst, als gar nix!

"Do you believe in free will?" "I have no choice."
E-Mail an Xoc senden
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Arne Kroger
unregistriert
23.03.2008 05:00 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Ich finde, dass sollten mal die Leute beurteilen, die den Urtext nicht kennen. Das er mir jetzt z.B. etwas zu langatmig erschien, weil ich ja auch die andere Fassung schon kannte, verwundert mich nicht, um ehrlich zu sein.

Zumal ich auch glaube, dass niedergeschriebene Dialoge weder Deine Stärke sind, noch dass sie überhaupt sinnvoll sind.

Wie schrieb Nietzsche in seinem Wanderer und der Schatten über Platon:

"Hätte Platon weniger Lust am Spinnen gehabt, hätte der Leser mehr Lust an Platon."

Anonymous




23.03.2008 20:26 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Also gefällt mir gut der Text (sag ich als Nichtkenner der alten Version).


Allerdings mag ich deine wie-wenn-Sätze nicht:


Zitat:

[...]"Das wäre, wie wenn ihr in der Zeit zurückreisen würdet in eure eigene Vergangenheit[...]

[...]Genauso absurd, wie wenn man ernsthaft versuchen würde, Steine in Gold zu verwandeln.[...]

[...]Wie wenn dich eine Prostituierte küsst, verstehst du?[...]



Ich stehe da mehr auf als, d.h. bei mir würden die Sätze so aussehen:

-------------

Das wäre so, als würdet ihr in der Zeit zurückreisen in eure eigene Vergangenheit

oder

Das wäre wie eine Zeitreise in eure eigene Vergangenheit.

-------------

Genauso absurd als würde man ernsthaft versuchen, Steine in Gold zu verwandeln

oder

Genauso absurd wie der Versuch Steine in Gold zu verwandeln.

-------------

Als würdest du von einer Prostituierten geküsst werden, verstehst du?

oder

Wie der Kuss einer Prostituierten, verstehst du? [dann fortsetzen mit: Er...]



Aber naja ich bin ja kein Germanistikstudent oder Literaturkritiker, sondern nur jemand, der die Formulierung "wie wenn" nicht mag (wurde mir bestimmt so anerzogen) und das anders formulieren würde.



Gut dann komm ich doch mal zum Inhalt, sofern ich mich jetzt noch daran erinnere. Finde es ganz gut, dass der Fremde ein Ausserirdischer ist, da man so nicht in die Verlegenheit kommt zu glauben seine Erlebnisse und sein Verhalten wäre per Zaubertrick auf alle Menschen übertragbar um eine bessere Welt zu erstellen. Find es also gut, dass du darauf verzichtest zu sagen: "Das würde bei euch auch so funktionieren." sondern darauf hinweist, dass es erstmal nur ein Bild ist, dem man sich annäheren kann aber das aufgrund der aktuellen Entwicklung der Menschheit noch unnahbar erscheint.


Jedenfalls mag ich diese "Vorträge" bei welchen ich zumindest mich ständig dabei ertappe, wie ich mir sage: "Mensch du bist ja auch so, du müsstest mal was tun." Allerdings solltest du nicht hoffen, dass der Text jemandem die Augen öffnen kann.

Gibt auch viele Punkte, denen ich nicht unbedingt zustimmen würde, wie z.b. die krasse Ächtung einiger Verhaltensweisen auf der Welt der Ausserirdischen. Da würde ich als Utopie einen Ort vorziehen an dem die Herrschsüchtigen sich ein Refugium schaffen können an dem sie ihr Spiel weiterspielen können. Nunja.


So viel vorerst mal zu diesem Thema.
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dian
unregistriert
24.03.2008 18:55 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Zitat:
Aber naja ich bin ja kein Germanistikstudent oder Literaturkritiker, sondern nur jemand, der die Formulierung "wie wenn" nicht mag (wurde mir bestimmt so anerzogen) und das anders formulieren würde.

Ok, danke. Ich denke, dass "als ob" tatsächlich die bessere Alternative ist. Werde ich also wahrscheinlich noch umändern.

Zitat:
Find es also gut, dass du darauf verzichtest zu sagen: "Das würde bei euch auch so funktionieren." sondern darauf hinweist, dass es erstmal nur ein Bild ist, dem man sich annäheren kann aber das aufgrund der aktuellen Entwicklung der Menschheit noch unnahbar erscheint.

In der alten Version kam das wohl tatsächlich noch etwas idealistischer rüber... zumindest aber stark vereinfacht.
So einfach ist es aber natürlich nicht. Alles hängt mit allem zusammen, und folglich kann ein Evolutionsschub auch nicht einfach aus dem Nichts kommen, sondern da müssen verdammt viele Faktoren zusammenpassen, damit sich hier mal was wirklich grundliegendes ändert.
zanthia
unregistriert
25.03.2008 16:32 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Die geschichte selbst finde ich sehr süss und auch nicht unspannend geschrieben. Zu beginn musste ich oft an szenen aus star trek und auch per anhalter durch die galaxis denken. Und hier ist auch schon der unterschied: du sprichst unterschwellig viel über die lächerlichkeit der menschen, doch bis auf die szene mit dem ballspiel, die menschliches verhalten einem hauch der lächerlichkeit preis gibt, bleibt die geschichte tragisch. die dargestellte utopie erscheint in sich sehr schlüssig und nachvollziehbar.
(wobei immer noch die frage ist, ob tiere über generationen hinweg durch schädliche meme gemeinschaften aufbauen die ebenfalls von gewalt und hierarchien beherrscht werden, oder ob genau dies teil der „natur“ bzw. des inneren antriebs ist, und ob , egal wie es sich verhält, die möglichkeit besteht, solchen strukturen mit besseren memen entgegenzuwirken)
das thema bietet gute möglichkeiten für eine satire; und meiner erfahrung nach lässt sich mit mitteln der komik ein tragisches thema u.u viel eindrucksvoller vermitteln , als eine durchweg schwermütige geschichte.
dian
unregistriert
26.03.2008 13:38 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Ich habe Respekt vor jedem, der da steht, wo ich stehe, und trotzdem noch in der Lage ist, die ganze menschliche Tragödie als eine lockere, leichte Komödie zu betrachten. Und ja, sicherlich wäre das auch eine interessante Herangehensweise gewesen.
Mir will das irgendwie nicht so recht gelingen... was vielleicht bedauerlich sein mag, weil leichte Komödien gerade hoch im Kurs stehen und ich damit sicherlich viele neue Leser gewinnen könnte... aber meine Geschichte handelt nunmal nicht von einem Außerirdischen, der in seiner warmen Untertasse sitzt und grinsend auf die Menschen hinabschaut, sondern von einem, der genau wie ich auf diesem Planeten abgestürzt ist, und der hin und hergerissen ist zwischen tiefer Abscheu, Hoffnung, und einer ordentlichen Portion Selbstmitleid.
Wie viel die "normalen" Menschen mit einer solchen Geschichte anfangen können, sei dahingestellt... Aber was solls. Für normale Menschen schreibe ich sowieso nicht. Ich schreibe für die wenigen, die mich verstehen können, und denen es genauso oder zumindest ähnlich geht wie mir, wenn sie an die Menschheit denken.

Gipsy




26.03.2008 15:26 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Ich würde es bezweifeln, dass ein Außerirdischer ein Adjektiv wie "hirnamputiert" verwendet, selbst wenn er sich die menschliche Sprache angeeignet hat. Auf die Schnelle fällt mir allerdings auch kein Ersatz ein, ich weiß nur, dass mich dieses Wort gestört hat, weil es zu frustriert-beleidigend klingt und irgendwie nicht zum sonstigen Auftreten des Außerirdischen passt.
E-Mail an Gipsy senden Fügen Sie Gipsy in Ihre Kontaktliste ein
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zanthia
unregistriert
26.03.2008 16:18 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Zitat:
Original von dian
Ich habe Respekt vor jedem, der da steht, wo ich stehe, und trotzdem noch in der Lage ist, die ganze menschliche Tragödie als eine lockere, leichte Komödie zu betrachten.


Das schaffe ich auch nicht und ich verzweifel auch mehr darüber, als dass ich drüber lachen könnte.
Der grund, warum ich dir die empfehlung mit der satire gab, war folgender: Mir ist beim lesen eindrucksvoll aufgefallen, dass mir die szene mit den ballspielenden kindern und der mutter besonders haften blieb.und zwar weil sie so wunderschön die absurdität entlarvt, ohne was von ihrer tragik einzubüßen.( und die frage des fremden, ob er ihre kinder freikaufen dürfe, ist komisch)Das selbe ist mir passiert bei einigen passagen im ersten band „per anhalter durch die galaxis“ der für meine begriffe wesentlich mehr ist als bloß ulk. Von den komödien
hat mich am tiefsten getroffen „Das Leben ist schön“ ; ich konnte mir zuvor nicht vorstellen, wie man es schafft ,eine geschichte über die zerstörung einer familie durch ein konzentrationslager als komödie darzustellen. dieser film hat jedoch einen wesentlich tieferen schmerz und hass auf das naziregime bei mir hinterlassen, als beispielsweise „Schindlers Liste“. Komödien müssen keinesfalls leicht sein.
Aber du hast recht, die menschen, bei denen die „normale persönlichkeitsstörung“schon zu weit fortgeschritten ist, werden geschichten dieser art lediglich konsumieren und dann schnell wieder vergessen...insofern kann das natürlich als filter fungieren.
Arne Kroger
unregistriert
27.03.2008 04:06 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Naja, da kommt eben das schwermütige Schwäbische heraus bei Dir, @Dian (Eben der Grund, warum mir auch Hermann Hesse als ehemaliger Bewohner der Anstalt Stetten sympathischer ist wie als Autor!).
Mir würde auch eben etwas mehr Action wie in den Büchern eben wesentlich mehr gefallen.
Leberkrebs
unregistriert
02.04.2008 00:30 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Das Problem in dieser Utopie-welt dürfte folgendes sein:
Sie ist höchstgradig instabil. Sobald eine Person sich "anders" verhält, als kollektive Nächstenliebe, bricht der ganze Laden zusammen. Die eine Welt hat Konflikte um jeden Preis, die andere Welt vermeidet Konflikte um jeden Preis. Bis jeweils Einzelpersonen der Preis zu hoch ist und sie gegen den Strom anschwimmen.

VeggiePower

burr

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08.04.2012 04:25 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Hammer, der Text. Bin gerade mit der unity-philosophie fertig geworden. Wirklich ein sehr inspirierender text! Ehrlich, ich zitter leicht an den Händen. Auch wenn die Geschichte für Aussenstehende irgendwie plump klingen mag, irgendwie löst sie in mir so ein tolles gefühl aus. Hach, herrlich. smile Sehr schöner text, man muss den Autor wirklich mal loben (@Dian Augenzwinkern ) Ein netter ausserirdischer kommt vorbei, und erzählt einem Mädchen von seinem Planeten und wie widerwärtig komisch der ihrige ist. Irgendwie... banal? Aber wirklich so gut rübergebracht, so gut erzählt. Ich bin begeistert großes Grinsen


blobb

E-Mail an VeggiePower senden
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x_mia_x
unregistriert
14.03.2014 19:08 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Das ist der erste Text, den ich zu lesen anfing.. bin bis zu der Stelle gekommen, wo der Fremde über den Handel bei sich zuhause spricht.

Die Handlung an sich finde ich gut, erinnert mich etwas an "Der kleine Prinz", von der Gestaltung her finde ich es sehr eintönig, weshalb ich auch irgendwann die Lust verloren habe weiter zu lesen.

Verbesserungsvorschläge:

Versuch etwas mehr Dynamik in deinen Erzähler zu bringen. Ich finde nämlich, das das meiste relativ auf der selben Ebene geschrieben wurde.
Vom Erzähltempo her zeigst du zB. nur wenig Unterschiede, es gibt einige Stellen wo du konkrete Konfrontationsfälle hättest einbauen können.
So fällt es schwer nachzuvollziehen wie der Fremde zu seinen Urteilen kommt, da keine konkreten Beispiele genannt werden.

Es bleiben auch die Fragen offen, wie er an seine Kleidung gekommen ist, ob er vorher nackt war, wo er wohnt.

Es fehlen auch direkte Beschreibungen wie der Fremde seine Umwelt wahrnimmt, was er sieht Metaphern und Vergleiche, Farben, Formen.
Es bleibt weiterhin unklar, wie er zu seinen Urteilen kommt, da es nicht nachvollziehbar ist wie er fühlt, wahrnimmt.

Bestes Beispiel ist zB. das Mädchen, wie er sie wahrnimmt.. einfache Beschreibung, bleibt einem nicht im Kopf.. ich hab zB. wieder vergessen wie sie aussieht. Da fehlt auf jeden fall ein Eyecatcher, etwas was ihm sofort ins Auge sticht, was Sie für ihn interessant macht. Vielleicht auch ein Sprung auf seine Gedanken.

Beim Schreiben geht es vor allem um die Gedanken des Protagonisten, auch wie sie entstehen und Gedanken entstehen für gewöhnlich nicht direkt in ihrer Endfassung (wie du sie hier als Urteile aufzählst).

Vielleicht kannst du dich von Filmen inspirieren lassen, achte auf Perspektivenwechsel und Zeitraffer. Versuch durch stilistische Mittel Spannung aufzubauen. Zum Beispiel durch Wiederholung seiner Gedanken, Parallelismen oder Abwechslung in der Länge der Syntax.

Sevenskaja




14.03.2014 23:53 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Ich habe den Text gelesen und finde das er gut gemacht ist und die "Message" gut rüber kommt.

Zitat:
Es fehlen auch direkte Beschreibungen wie der Fremde seine Umwelt wahrnimmt, was er sieht Metaphern und Vergleiche, Farben, Formen.
Es bleibt weiterhin unklar, wie er zu seinen Urteilen kommt, da es nicht nachvollziehbar ist wie er fühlt, wahrnimmt.

Bestes Beispiel ist zB. das Mädchen, wie er sie wahrnimmt.. einfache Beschreibung, bleibt einem nicht im Kopf.. ich hab zB. wieder vergessen wie sie aussieht. Da fehlt auf jeden fall ein Eyecatcher, etwas was ihm sofort ins Auge sticht, was Sie für ihn interessant macht. Vielleicht auch ein Sprung auf seine Gedanken.


Ist das so wichtig?
Es geht ja bei dians Text darum das er unser Gesellschaftssystem anprangert und zeigt eine Alternative dazu auf.
Die Geschichte die er um diese Kernaussage aufgebaut hat dient ja nur als Trägermedium für die eigentliche Information und da ist es meiner Meinung nicht so wichtig auf solche Details einzugehen.

Trotzdem Danke das du diesen schönen Text ausgegraben hast smile
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dian
unregistriert
15.03.2014 01:06 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Oh, lang ist's her... (Da steht, es ist schon die zweite Version des Textes. Wusste schon gar nicht mehr, dass es mal eine erste gab. Augenzwinkern )

Jedenfalls danke für's Ausgraben und die fundierte Kritik, @ Mia.
Was kann ich zu meiner Verteidigung sagen?
Eigentlich nur, dass der Autor hauptsächlich seine Message vermitteln wollte, und die Rahmenhandlung hier wirklich nur als Rahmen diente... ähnlich wie ein Actionfilm, bei dem die Story auch nur dazu da ist, die Actionszenen irgendwie halbwegs sinnvoll miteinander zu verknüpfen. Also der Fokus lag beim Schreiben einfach komplett woanders... sonst hätte das Drumherum natürlich auch noch ein wenig ausführlicher sein müssen.
Aber wer weiß, eventuell mache ich irgendwann mal eine Neuauflage, oder spinne die Story bei der Gelegenheit dann gleich noch ein bisschen weiter.

Naja, falls du irgendwann mal gaaanz viel Zeit hast, weil du die Schweinepest bekommen hast und ein paar Wochen das Bett hüten musst oder irgendsowas in der Art (was ich dir natürlich keinesfalls wünschen möchte), kannst du dir ja mal das hier reinziehen:
https://dianthesaint.de/download/2006_un...-_gegenwelt.pdf
Denn üblicherweise bilde ich mir schon ein, ein bisschen mehr Wert auf Spannungsbögen und Charaktergestaltung zu legen als in dieser kleinen Geschichte hier.
x_mia_x
unregistriert
15.03.2014 06:38 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Ja ist mir schon bewusst, dass du keine große Sache daraus machen wolltest. Gerade deshalb ist es umso wichtiger die Szenen genau auszusuchen. Ist in einem Actionfilm nicht viel anders .. sie James Bond oder so...

Ich hab mich zuletzt mit einem deutschen Regisseur unterhalten, dem ich mal eine Idee für einen Kurzfilm erzählen durfte. War erstaunt darüber, was ich alles nicht beachtet habe, vor allem so Dinge wie "Woran erkennt man die Reaktion, mit welchen Bildern vermittelst du deine eigene Interpretation, atmet die Darstellerin zB. schwer, macht sie kurze Sätze, lange Sätze, sieht man ihre Hand villt. zittert die Hand, ist sie unruhig? Welche Art Freundin gegegnet ihr, welche Haarfarbe soll ihre Freundin haben? Welche Farbwirkung, ab wann sieht man die Schauspielerin? Aus welchem Winkel, und und und .."
Alles wichtige, begründete Fragen und das bei einem Kurzfilmdrehbuch, wo ich vorher genauso dachte, acht ist ja nur unwichtige Rahmenhandlung.
Aber das stimmt so nicht. Die Kunst ist glaube ich, das wichtige so zu verpacken, dass es leicht und nicht überladen wirkt. An den richtigen Stellen die richtigen Szenen zu setzen. Bedenke, dass hier im Forum die meisten Leser eine gewisse Erwartungshaltung besitzen und deshalb kein Problem haben mit deinen Interpretationen mitzuhalten. Anderswo kannst du es nicht voraussetzen, wenn Urteile formuliert sind, dann fragt man sich wie der Protagonist dazu kommt.
Siehe Kafka, der hat in jeder Parabel einen Spannungsbogen und jede Szene, die er beschreibt ist stilistisches Mittel der Spannung.

Bei dir kann man durchaus einige Stellen streichen, zB. beim Gespräch mit dem Mädchen, einige Aussagen sind unnötig. Andere fehlen, um logische Schlussfolgerungen ziehen zu können.

Und wenn ich dich jetzt frage welche Art der Geschichte du vermitteln wolltest, dann bin ich überzeugt, dass du mir das nicht genau sagen kannst.
Wolltest du eine Actiongeschichte schreiben, eine Liebesgeschichte, eine Science-Fiktion mit Schwerpunkt?.... Utopie oder Zukunft ? ..Liebe oder Gewalt?

luc



images/avatars/avatar-1060.jpeg


07.09.2014 16:52 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Wie kommt es eigentlich, dass der Text so unterbewertet / unbekannt ist? Ich kann mich damals noch an die Schule erinnern, wo ich den Text in jeder Pause (damals noch hinten in der Unity Philosophie) gelesen habe.

Ich finde, auch wenn es vielleicht nicht so ganz an die Qualität von Gegenwelt rankommt, es doch ganz gut (und vor allem in einer angemessenen Länge) einen Überblick über die ganze Sache gibt. Quasi die Unity-Philosophie püriert, gewürzt mit einer Hand voll Gegenwelt und das Ganze in einer Roman-Aufbackform gebacken.

Gibt es dazu eigentlich noch Hintergrundinformationen? Oder vielleicht ja sogar ein (unfertiges) Cover? Oder vielleicht sogar die Aussicht auf eine(n) Remake / Fortsetzung?

The only way you can survive is to spread to another area. There is another organism on this planet that follows the same pattern. A virus. Human beings are a disease, a cancer of this planet, you are a plague, and we .. we are the cure.
E-Mail an luc senden
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