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jüngste kleine gedichte-Sammlung
24.05.2011 03:22 |
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Hier mal ein ganzer Schlag von jüngsten Gedichten von mir.
Vom Tellerwäscher zum Philosoph
Der Junge spühlt Geschirr mit seiner Hand
und er betreibt dabei Philosophie.
Der Junge hat ein Kopf und eine Wand
im Schädel, die ihm Gottes Gunst verlieh.
Er wäscht und wäscht- aus Zeit wird rauhe Haut,
aus Ideal ein Ideal zu viel.
Er brütet über Fragen und durchschaut
das Leben ist kein Frage-Antwort Spiel.
Die Teller, sie zerbrechen immer mehr,
die Fragen häufen sich sowie der Schmutz.
Irgendwann wird der Blick des Jungen leer.
Trauriges Schicksal? Nein: sich selbst zum Schutz!
Es füllt sich jede Leere irgendwann
und seine füllt sich mit der Utopie:
Es kommt der Tag der Änderung und dann
frage ich nicht mehr mich, ich frage Sie!
Die Wahrheit liegt bei den Toten
Wieviel Menschen überrollen Züge?
Ich zünde ein Streichholz dafür an.
Wieviel Menschen brennen wirklich. Lüge
heißt ich bin ein Mörder, weil ich kann.
Wieviel Feuer braucht es um die Wahrheit
zu entzünden? Meine Euphorie
weicht den Schienen aus. Alles, was war schreit
mir entgegen: Warte, aber flieh!
Was ist, wenn die Wahrheit dann verbrannt
ist? Ich roll das ganze Gleis entlang.
Irgendwann überholt mich der Sand
der Zeit der Lust am Weg im dritten Gang.
Wieviele Züge überrollen mich
bis einer kommt und mich vom Gleise trägt?
Die Automatik greift schon. Wunderlich
ist nur, dass sich die Wahrheit zu mir legt.
Stricher und Spanner
Entsetzliches passiert, wenn schmale Striche
sich in der Landschaft klammheimlich vergnügen.
Ich komme ihnen häufig auf die Schliche
und wünschte meine Blicke würden trügen.
Es pocht aus ihren Enden, es verknotet
sich in dem Takt der Stromstöße der Nerven.
Es ist Bakterium, das auf mich kotet
ich muss nur meine Blicke dafür schärfen.
Es wird zum Strom, der mit sich reißt was reift
und es entführt in eine Welt von sich.
Stress oder nichts? Das Paradies versteift
sich auf das Kind der Striche und nicht mich.
Bruchsicher
Ein Tropfen Zweifel rinnt aus meiner Haut
angestrengt rufe ich nach jemandem,
der jetzt nicht da ist, weil mir davor graut
es bricht, während ich mich dagegen stemm.
Ein Bach von Skrupel fließt dem Auge weg.
Ich fange ihn nicht in Gedanken ein,
weil meine graue Masse darin steckt,
in der Situation, in der ich wein.
Ein Strahl von Schuld- ich weiß es nicht woher
er kommt trifft mich. Ich kann nicht sagen wo.
Ich lebe, doch die Blasen sind aus Teer
und platzen nie- hier vor meinem Büro.
Lieder, die ich pfleg
Gestern hab ich gelesen und war ein
anderer. Heute wieder dieser Weg
an dem Graffities auf dem grauen Stein
Klingelputz spielen. Lieder, die ich pfleg!
Sie sind wie Pfade, aber auch nicht mehr.
Sie führen zu den gleichen Zielen, doch
sie zeugen in der Einöde Verkehr
und sind die Ader aus der Wehmut kroch.
Aus Wehmut wird ein anderes. Ich bin
ein anderer. Noch einmal. Und das Buch,
das ich noch gestern las hat nur den Sinn,
dass ich die Träume auf den Mauern such.
Sitzstreik
Wo Wille Wunsch wird beugt er sich tief nieder
über den Stuhl, bevor er sich dann setzt,
denn Unglücke passieren immer wieder
und schnell wird man unachtsam und verletzt.
Wo Taten Träume werden setzen sie
sich aufrecht hin im Bett, um was zu sehen,
denn manchmal heißt es immer oder nie
und sitzen ist bequemer als zu stehen.
Lehren, die Worte werden stehen auf
um Wünschen, Träumen sich zu widersetzen,
doch nehmen sie so leichtfertig in Kauf,
dass sie sie nicht als ganzheitlich einschätzen.
Der Vorsatz liegt und schläft, man achtet nicht
auf ihn, weil alle in die Zukunft blicken.
Die Lehre wandert und der Traum zerbricht
während die Wünsche sich in sich verstricken.
Apartment
Beschwer dich bei den Trauernden. Die Zimmer
sind groß und weit. Erstaunlich groß und weit.
Dein kleines Wesen wird darin für immer
ein Käfig finden für sein halbes Leid.
Die andre Hälfte trägt die Größe. Schlimmer
als ganz allein sein ist es da zu zweit
außer man schafft es, dass all das Gewimmer
Gewimmer bleibt und nicht verkommt zum Streit.
Die Trauer ist von Draußen ein Geflimmer
und steht sowie ein Fernseher bereit.
Man kann sich dadurch winden wie ein Schwimmer,
der zwischen Atemzügen leise schreit.
Nein
Ich weiß nicht, warum sie die Wahrheit lieben,
denn sie ist nicht viel besser als der Schein.
Nur ist jene erst einmal ganz vertrieben
kann man in diesem auch nicht glücklich sein.
Es ist ein ewiges Entgegenschieben
nicht einmal mehr die Fotos wirken rein.
Noch einmal schnell die Hände warm gerieben
kurz vor dem Wechsel. Werbung stößt das Bein.
Was will man in der Grobheit denn noch sieben?
Sogar die Zeit wirkt wie ein träger Stein.
Lernen wir etwas von den guten Dieben
und tauschen zur Belebung „dein“ und „mein“.
Von uns ist nur die Hülle noch geblieben,
doch für den Säufer ist das mehr als Wein.
Wir stöhnen Lust und Ärger unter Hieben,
doch sind uns für Veränderung zu fein.
Wärmflaschen-Feier
Was haben diese Leute zu verstecken?
Was geht in ihren Köpfen denn nur vor?
Sind Herzen Herzen, die sich ganz bedecken
mit Stahl, Geschenkpapier und Styropor?
Sind es dann nicht vielmehr nur Wärmeflaschen,
die dich von innen wärmen und nicht mehr!
Wir wünschen uns so Ruhe, doch die raschen
Pulsschläge pressen unser Herz bald leer.
Wir müssen es neu füllen und so trinken
wir Wasser, das Neutralität verspricht
und hoffen so sehr niemals zu versinken.
Blasen uns auf und sinken- durch Gewicht.
Und wollen wir uns dann doch mal verschenken
ist das Geschenkpapier die größte Last,
weil wir dabei an Ewigkeiten denken
und Ewigkeiten gibt es nur im Knast.
(c) Bakunins Bart (demnächst bring ich nen Gedicht-Band raus, deswegen^^)
Seien wir realistisch- versuchen wir das Unmögliche!
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Dian schrieb:
>...da bin ich wohl ein bisschen zu distanziert und zu rational. Ich will immer, dass mich die Leute verstehen, und versuche daher möglichst präzise mein Anliegen zu formulieren.<
Bei mir auch, deshalb greif ich weiters zum Pinsel. Das ist das sicherste Mittel in meinem Fall und es funktioniert. Präzise Formulierungen in metrischen Versen ist ein grosse Kunst und ich denke, setzt auch grosses rhetorisches Geschick voraus.
@Bakunins Bart: Die Wärmflaschen-Feier gefällt mir sehr gut
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dian unregistriert
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Sehr schön!
Während meine Gedichte ja eher gereimte politische Meinungsäußerungen sind, ist das bei dir schon richtige Lyrik.
Ich glaube, das könnte ich auch gar nicht so gut wie du. Dafür muss man schon (im positiven Sinne) einen Knall haben und sich ganz seinen Gefühlen hingeben, um sowas schreiben zu können... da bin ich wohl ein bisschen zu distanziert und zu rational. Ich will immer, dass mich die Leute verstehen, und versuche daher möglichst präzise mein Anliegen zu formulieren. Aber Lyrik heißt eben vor allem auch, Interpretationsspielraum zu lassen. Und damit kann ich nunmal leider überhaupt nicht dienen.
Hast du jetzt eigentlich einen Verlag dafür gefunden, oder willst du es so wie ich im Eigenverlag herausbringen?
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