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Zum Ende der Seite springen Innere Weisung  
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Yog-Sothoth




Innere Weisung 04.12.2008 01:19 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Nabend,

ich muss zugeben dass mir Nakutiaans aktuelle (übrigens positiv anarchistisch angehauchte) Rundmail recht gut gefallen hat, deswegen zitiere ich sie mal einfach:

Zitat:
Heyho, Brüder und Schwestern,

kennt ihr den Ausdruck der "inneren Weisung" ? Für die meisten Naturkulturen war dieser Begriff von tiefster Bedeutung für das Zusammenleben. Ohne sich darüber bewußt zu sein - denn es gab garnichts anderes. Erst durch den Kontakt mit Eroberern, insbesondere in der Kolonialzeit, entwickelten einige Stämme der nordamerikanischen Urbevölkerung diesen Begriff, um damit den Unterschied zur "äußeren Führung", der wir, als moderne Kultur, folgen, deutlich zu machen.

Die "innere Weisung" ist jenes Zusammenspiel von Gefühlen, Träumen, Wahrnehmungen, Intutionen und Visionen, die uns aus Körper und Seele heraus eine Orientierung für das Leben schenken. Eine sehr weisheitsvolle Orientierung, die auf der uralten Erfahrung der Natur aufbaut, uns Selbstbewußtsein, Sicherheitsgefühl und Urvertrauen schenkt, ohne daß wir dafür irgendetwas brauchen, daß uns dies bestätigt. Weder Besitz, noch Wände, noch Geld, noch Status oder Qualifikation.

Unsere Kultur baut schon seit mehreren Jahrtausenden auf einer Vergangenheit, die sich einst über die innere Weisung "erhoben" hat. Vermutlich aus einer klimatisch bedingten Notsituation heraus, die mit Hilfe der Inneren Weisung allein nicht in den Griff zu bekommen war. Seitdem hat sich der Mensch die einmal getroffene Fehlentscheidung nicht wieder rückgängig machen können, da sie sich immer mehr verselbstständigt hat.

Wenn Kinder in den ersten Jahren erfahren müssen, daß das, was sie intuitiv oder instinktiv für richtig und gut halten, wenn das, was sie einfach aus innerem Antrieb, ohne jeden bösen Willen, tun, falsch ist, hat das unfaßbare Folgen. Denn so müssen sie lernen, ihrer von Natur aus mitgegebenen inneren Weisung zu mißtrauen, anstatt sie zu entwickeln. Sie beginnen, Regeln und Verhaltensweisen in sich aufzunehmen, die sie vor "falschen" Handlungen bewahren, entwickeln oft unbewußt Strategien, die sie vor weiteren Verletzungen bewahren. Verletzungen, die vor allem dadurch weh tun, daß sie das Grundgefühl, von Natur aus vollkommen und richtig zu sein, zerstören.

Wenn wir diese "Lektion" einmal gelernt haben, verlieren wir den Kontakt zur unserer inneren Weisung, werden unsicher, haben Selbstzweifel und Angst, und müssen versuchen, sie zu kompensieren. Haben den Drang, etwas zu tun, um dieses Gefühl wiederzuerlangen. Sei es dadurch, daß wir erfolgreich sind, daß wir Besitz haben, Macht gewinnen oder daß wir bei allen Menschen gut ankommen. Doch die Folgen reichen noch viel weiter. Wir verlieren die Fähigkeit, auf körpereigene und seelische Signale rechtzeitig zu hören, reagieren manchmal erst dann, wenn es schon zu spät ist. Wir lernen, unsere natürlichen Gefühle von Anziehung, Liebe, Wut, Trauer zu beherrschen, stauen sie auf, seelische Störungen, Kontrollzwang, Aggressitivät und Hass können die Folgen sein.

Nicht zuletzt aber verlieren wir auch unsere innere Orientierung. Wir sind nicht mehr fähig, unseren eigenen Weg wahrzunehmen und zu erkennen, stattdessen brauchen wir etwas, was uns diese Aufgabe fortan übernimmt. Äußere Vorgaben, Strukturen, Ausbildungen, Berufe, feste Aufgaben, ja oft auch sowas wie Chefs, Gurus oder Führer. Wir haben die innere Weisung durch die äußere Führung ersetzt. Anstatt unserem Herzen zu folgen, folgen wir nun den Maßgaben anderer.

Manchmal jedoch geraten wir an Begegnungen, Ereignisse oder Bedürfnisse, die uns unmittelbar wieder mit der längst verdrängten inneren Weisung konfrontieren. Wir können lernen, sie abermals zu verdrängen, können aber auch den Mut entwickeln, diesem Impuls zu folgen. Wir entdecken das Bedürfnis, andere - alternative - Wege zu beschreiten, die uns näher an das heranführen, was wirklich in uns ist.

Doch mit jedem Schritt fort von einer äußeren Führung entdecken wir einerseits, wie weit wir noch davon entfernt sind, wirklich zu spüren, was für uns richtig ist. Entdecken, wie Schichten über Schichten an selbstgeschaffenen Regeln, Ideologien, Strategien und Schutzmustern auf unserer Seele liegen. Andererseits spüren wir, wie unerreichbar das, was wir tief in uns spüren, noch immer ist.
Die meisten Menschen ersetzen daher ihre abenteuerliche, oft schmerzhafte und einsame Reise zurück zu den verlorenen Quellen
von Lebendigkeit, Natürlichkeit, Kreativität und Erfülltheit alsbald durch eine alternative äußere Führung, deren Folgen manchmal noch schlimmer sein können, weil man sich selbst noch mehr damit identifiziert. Es ist völlig gleich, was für ein Konzept man verwendet - ob man sich an einem Chef orientiert, ob man sich an einer spirituellen Lehre orientiert. Es macht keinen wirklichen Unterschied, und die Konsequenzen sind oft verblüffend ähnlich.

Das ist die Ursache, warum so viele Gemeinschaften heute scheitern. Das ist mir mittlerweile so deutlich geworden. Denn Gemeinschaft ist ein Urbedürfnis, wie Liebe, Kreativität, Lebendigkeit, Miteinander, Natürlichkeit. Das sind Dinge, mit denen wir auf die Welt kommen, die nicht mehr brauchen als die Chance, sich zu entwickeln wie die Knospe eines Baumes. Es sind Bedürfnisse, die dadurch, daß wir sie gemeinsam in uns tragen, zusammenführen. Sie verbinden die Menschen, erfüllen uns, beleben uns, geben uns das Gefühl, Zuhause zu sein. Wir spüren das so sehr, wenn wir zusammen improvisiert singen, tanzen, malen, gärtnern etc.
Die meisten Gemeinschaften aber entstehen aus Ideologien heraus. Aus starren Gleisen äußerer Führung, die niemals zusammen, sondern bestenfalls parallel laufen können. Wir ersetzen das gelernte Muster durch ein ökologisches, spirituelles, politisches, soziales etc. - es bleibt aber ein Muster.

Da jedes Muster, jede Strategie so sehr verschieden ist wie die Lebensgeschichten jedes Einzelnen, bleiben sie solange unvereinbar, solange wir uns mit Ihnen identifizieren, sie wie ein Schild vor unsere Seele halten, anstatt wirklich wahrzunehmen, zu fühlen, zuzulassen was wirklich ist !

Da wir aber gewöhnt sind, uns mit Hilfe unserer Muster vor Verletzungen zu schützen, zu verteidigen, sind wir nur sehr selten bereit, unser Schutzschild abzulegen. Tatsächlich tragen wir es oft lieber solange, bis der Traum, den wir leben wollten, unter uns zusammenbricht. Ganz gleich, ob Liebe, Gemeinschaft, oder etwas anderes, was für uns Leben bedeutet. Eine Gemeinschaft wird in unlösbare Konflikte geraten und schließlich zerfallen - oder aber sich zu dem Wandeln, dem wir entgehen wollten - einem kommerziellen Betrieb, innerhalb dessen man bestenfalls noch zusammen arbeitet, vielleicht noch feiert, aber kaum noch wirklich zusammen lebt.

Was wir im Inneren spüren, kann man nicht in Büchern lesen, man kann es nicht auf Seminaren lernen, man kann kein Geld damit verdienen. Wir können es nur leben, so wie es ist. Auch wenn es gegen alle Regeln dessen, was als normal, erfolgreich, zukunftsweisend oder was auch immer gilt. Nur dann, wenn wir unserer inneren Weisung vertrauen lernen, tritt Heilung ein.

Leider weiß ich aus eigener Erfahrung, wie unglaublich schwer es ist, nicht den "kleinen Frieden" dem Abenteuer Leben vorzuziehen. Aber leider weiß ich auch, daß es nur deswegen so schwer ist, weil es so wenig Menschen gibt, die es wagen. Denn innere Orientierung funktioniert nur in Gemeinschaft, im Kreis, in intensiver Begegnung mit Menschen, wo man miteinander teilen, sich beraten, voneinander lernen kann. Und es funktioniert nur in vielfältiger Umgebung, wo die Sinne ihre Aufgabe erfüllen können, wo es Stille und Schönheit gibt, von der wir schöpfen können, wie es in der Natur der Fall ist. Und es ist ein Weg, der selten Erfolg und Sicherheit im Materiellen verspricht. Es braucht viel Urvertrauen, um zu Erkennen, daß dennoch immer für dich gesorgt sein wird, daß sich immer ein Weg finden wird, wenn du bereit bist, festgefahrene Routen zu verlassen.
Alleine reißt es die Seele inzwei, wenn man versucht, eine Brücke zu bauen zwischen dem, was uns die innere Orientierung sagt, und dem, dem wir noch nicht entfliehen können, weil unsere Kultur noch so funktioniert. Gemeinsam aber kann es Gelingen, wenn
man einander vertraut, und sich bewußt ist, daß es auf diesem Weg eben keinen Führer gibt, außer der eigenen Seele, und daß es allem voran die Bereitschaft braucht, sich füreinander zu öffnen.
Das lebendige Miteinander als wichtiger zu empfinden als die eigenen Überzeugungen.

Timm Nakutiaan.

***

Auch diese Worte oben sind ein Brückenbau, der mir nicht nur leicht fällt, dann viel lieber würde ich das, wovon ich träume, nicht am Computer aufschreiben, sondern leben. Ich gebe euch diese Worte mit, lasst sie einfach mal auf euch wirken, und macht, was ihr damit machen wollt. Doch eine große Bitte habe ich an dich/euch:

Ich stehe selbst seit über einem Jahr an dem Punkt, daß ich die große Sehnsucht spüre, zu leben, was in mir ist, anstatt vorgefertigten Wegen zu folgen. Doch dazu fehlt es mir vor allem an zwei Dingen:

* an Natur: an der Freiheit, meiner Kreativität und Lebendigkeit Raum zu geben, Baumhäuser zu bauen, Gärten anzulegen, gemütliche Orte zu schaffen - ohne daß es dafür viel Geld, sondern einfach nur die Freude am Tun braucht. Und die habe ich durchaus.

* an Gemeinschaft: Ich möchte an einen Ort gehen, wo ich das teilen darf, mit Menschen. Einen Ort, wo mehrere Menschen sind, gern aber nicht zwingend Kinder, Erwachsene und Ältere, die gerne zusammen wohnen möchten, die keine feste ökologische, spiritiuelle oder politische Ideologie haben, die sich mehr aus Freude am Miteinander, an Kreativität und Lebendigkeit begegnen.
Mir ist wichtig, daß die Menschen einfach offen für Gefühle sind, sich über Freude und Lebendigkeit freuen, anstatt verbissen für irgendwelche Ideale zu kämpfen oder sich einem strengen Guru unterzuordnen. Und daß man dort sich dort wirklich freut über Menschen, die gerne dazukommen möchten.


Dieser Ort darf überall sein, in der Stadt, auf dem Land, in der Wildnis, in Deutschland, Europa, auf der ganzen Welt. Bitte empfehlt mir alles, was ihr kennt, und was diesen beiden Bedürfnissen sehr nahe kommen könnte. Wenn ich diesen Ort finden würde, würde es mich sehr glücklich machen, und ich wäre gerne bereit, sehr viel Lebenskraft zu investieren, um ihn gemeinsam noch schöner und lebendiger zu machen, und ich gehe achtsam mit allem um, was dort ist. Ich nehme keine Drogen oder trinke kaum Alkohol (bin aber nicht dogmatisch dagegen, bin einfach selber schon verträumt und etwas "schamanisch" veranlagt), bin offen für viele Formen der Ernährung, hauptsache natürlich und wohltuend. Ich kann mich als Mann in Männer verlieben, was mich manchmal etwas isoliert, obwohl es einfach nur meine Natur ist, und genauso viel mit Herz, Romantik und Zärtlichkeit zu tun hat wie jede andere Liebe auch.

Diese Worte sind ehrlich und von Herzen, und ich bitte dich/euch einfach als Freund(e) um Rat ! Schreibe mir, wenn du einen Ort kennst, schreibe mir ein wenig über ihn, damit ich einen Eindruck bekomme. Schreibe mir aber bitte auch, wenn du selber nach so einem Ort suchst, damit wir als Gleichgesinnte einfach mal zusammenfinden können, um irgendwann mal gemeinsam etwas
berühren, bewegen und erschaffen zu können ! Oder ruf an.

Bisher weiß ich kaum von solchen Orten, kann als Beispiel nur nennen:

Waldwerk Regenbogen, Südbrandenburg.
Dieser Ort gehört einer Gemeinschaft in Süddeutschland, sie nutzen den Platz aber nicht und haben ihn für die Nutzung zur Verfügung gestellt. Es gibt dort 40 ha Wald, zwei aus dem Braunkohletagebau entstandene Seen, sowie teils zerfallene Gebäude eines Ausbildungsheimes. Dort ist vieles möglich, vielleicht nicht für immer, es kostet kein Geld, aber es lebt dort zur Zeit nur von Zeit zu Zeit eine Frau, und alleine oder zur zweit ist man dort im Winter wohl etwas einsam.
Folleterre, Vogesen, Frankreich
Wurde von einem Verein für spirituelle schwule und lesbische Menschen gegründet, ist ein Ort mitten in der Natur, mit Schwitzhüttenplatz, Kompostklo, Holzöfen, wunderschönen Waldgebieten, Seen, Wasserfall, man kann dort ebenfalls kostenlos sein, wenn man einmal auf den Treffen war und (natürlich) eigenes Essen finanziert. Ist aber ebenfalls im Winter oft menschenleer und zudem natürlich etwas einseitig, z.b. fehlen Kinder.

Kennst du noch mehr "Orte, die es eigentlich garnicht mehr gibt" ? Leite diese Mail gerne an Freunde weiter, ich verfolge absolut kein kommerzielles Interesse. Und vielleicht ist es ja auch für dich wichtig, wenn es einen solchen Ort gibt, an den du kommen kannst, wenn für dich der Moment gekommen ist, ob als Gast zur Erholung, oder um dort zu bleiben.


Wer sich mit Nakutian kurzschließen oder sich in die Mailingliste eintragen will kann sich ja über westdrift(at)gmx.de bei ihm melden. Augenzwinkern
E-Mail an Yog-Sothoth senden
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dian
unregistriert
10.03.2009 19:17 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Na, das ist doch mal ein schöner Beitrag! (den ich bislang wohl irgendwie übersehen hatte.)
Ich bin jetzt zwar sicher nicht so öko-schamanistisch veranlagt wie Nakutian, und bei "Schwitzhütte und Kompostklo" muss ich eher an Gestank und lästige Fliegen denken, als an etwas wirklich Entspannendes... aber das mit der inneren Stimme, von der sich die meisten Menschen immer mehr entfernen, würde ich hundertprozentig so unterschreiben.
Ich kann mich an Zeiten in meiner Jugend erinnern, als ich mich sehr weit von diesen inneren Weisungen entfernt hatte.
Ich fühlte mich entwurzelt, wollte irgendwo dazugehören, aber fühlte mich nirgendwo wirklich wohl. Bis ich irgendwann kapierte: "Das bist nicht du! Du bist nicht diese komische Gestalt, die sich ständig lächerlich macht mit ihren vergeblichen Versuchen, bei anderen gut anzukommen, Erfolg in Schule/Beruf zu haben, und gleichzeitig auch noch dem Willen deiner Eltern zu genügen.
Einige Jahre hatte ich meine innere Stimme unbewusst unterdrückt.
Ja, ich hielt sie sogar für schädlich für mich und versuchte manchmal, sie mit Gewalt durch irgendwelche Ersatzbefriedigungen zu übertönen, weil ich nicht "verrückt" sein wollte.
Aber irgendwann wurde der Ruf zu laut. Ich konnte ihn nicht länger überhören, sondern musste mich mit dem, was ich eigentlich bin, auseinandersetzen.
Ich habe viel gelitten in dieser Zeit... aber im Nachhinein muss ich fast sagen, diese Zeit der Auseinandersetzung mit meiner inneren Stimme und des Erkennens meiner wahren Natur war die beste Zeit in meinem Leben, denn durch sie habe ich gelernt, wer ich wirklich bin, was ich kann, und was nicht.
Heute sitze ich auf meinem Thron, unerschütterlich, aber wissend, dass alles nur eine Illusion ist. Ein König ohne Königreich zu sein macht manchmal einsam... aber es ist immer noch besser, als ein Knecht ohne Königreich zu sein. großes Grinsen
Die innere Stimme hat mich befreit.

Kennt ihr sowas auch?
Dieses Gefühl, dass man irgendeine Art inneren Kompass hat, der einem den Weg weisen kann, und der einen auch sicher um so manche gefährliche Lebens-Klippe herumlotst?

MAUS

Too old to die young

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12.03.2009 13:03 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Zitat:
Original von dian
Ich kann mich an Zeiten in meiner Jugend erinnern, als ich mich sehr weit von diesen inneren Weisungen entfernt hatte.
Ich fühlte mich entwurzelt, wollte irgendwo dazugehören, aber fühlte mich nirgendwo wirklich wohl. Bis ich irgendwann kapierte: "Das bist nicht du! ...
Einige Jahre hatte ich meine innere Stimme unbewusst unterdrückt.
Ja, ich hielt sie sogar für schädlich für mich und versuchte manchmal, sie mit Gewalt durch irgendwelche Ersatzbefriedigungen zu übertönen, weil ich nicht "verrückt" sein wollte.

Das war bei mir ähnlich, aber doch wieder ganz anders *g*. Bis ich in den Kindergarten kam, muß ich wohl recht zufrieden gewesen sein, da meine Eltern, insbesondere meine Ma, mich so gelassen haben, wie ich war, nur dann kam eben die Außenwelt hinzu, und damit Erwartungen, die ich nicht wirklich erfüllen konnte, weil ich irgendwie nun mal einfach anders getickt habe. Das haben die anderen Kinder auch schnell gemerkt und mich dementsprechend behandelt, ich hab also schon als Kleinkind gelernt, daß es negative Reaktionen auf mein Selbst gibt, und dann fingen auch meine Eltern immer mehr an, mir die Erwartungen "von draußen" zu erklären und mich zur Anpassung aufzurufen, um mich eben vor diesen Reaktionen zu beschützen, und das war wohl eindeutig der falsche Weg, denn dadurch wurde ich ein sehr ängstliches Kind, was ständig auf der Hut war, nicht zu viel von sich zu zeigen, auch wenn ich zu Hause z.B. weiterhin meine Sachen zerschnitten habe, weil sie so nun mal schöner aussahen *g*.
Ich habe meine innere Stimme also ganz bewußt schon sehr früh unterdrückt (aber eben nur in der Außenwelt), um diesen negativen Reaktionen zu entgehen, denn ich wollte durchaus auch dazu gehören, da ich von Natur aus ein geselliger Mensch bin. Das hat mich dann sehr schnell sehr depressiv aber auch menschenverachtend gemacht, denn ich habe trotzdem nicht geglaubt, daß ich "falsch" bin, sondern daß meine Umwelt irgendwie "falsch" ist, und sich diesem "falschen" anzupassen, nur weil ich niemanden "richtigen" gefunden habe, hat mich dann auch recht schnell auf die Frage gebracht, ob ich nicht vielleicht doch einfach nur "verrückt" bin. Aber das war eine recht kurze Phase, da ich dann auf Pippi Langstrumpf gestoßen bin, und wenn es jemanden geben konnte, der so eine Figur erfand, dann mußte es "da draußen" auch noch andere geben, und die zu suchen war dann ab ca 6 Jahren mein oberstes Ziel.

Naja *g* zumindest in der Grundschulzeit hab ich so etwas ähnliches gefunden, nämlich die ganzen anderen Außenseiter, die zwar nicht wirklich anders getickt haben, aber auf Grund von äußerlichen Merkmalen ausgegrenzt wurden, zu dick, zu dünn, zu klein, zu groß, zu bebrillt, zu stinkend, zu sitzen geblieben... Tja und dann kam die Realschule und alles ging noch weiter den Bach runter, da meine vorherigen Spielkameraden alle auf andere Schulen gegangen sind und mir nur die Spacken erhalten blieben und neue dazu kamen. Da war ich von Anfang an der Arsch, da ich immer noch in den geliebten geerbten Hippieschlaghosen meiner Cousine rumgelaufen bin, während ja schon die weiten Vanillahosen angesagt waren (aber die waren nun mal häßlich, basta *g* und außerdem liefen damit ja alle rum, mit optischer Gleichförmigkeit hatte ich schon immer so meine Probleme). Und in den Jahren fing dann auch der Notendruck an, den mein Vater dann noch vergrößert hat mit seinen Erwartungen. Jedenfalls haben die Realschuljahre es dann doch noch geschafft, daß ich den Glauben daran, daß ich schon ganz ok bin, so wie ich nun mal bin, zu nem großen Teil verloren habe. Tief in mir war die Überzeugung zwar immer noch da, aber wenn man über Jahre immer nur erzählt bekommt, was alles falsch an einem ist, dann glaubt man den Scheiß eben doch irgendwann mindestens zum Teil, zumal ja auch die Unterstützung von meinen Eltern immer weniger wurde, da sie halt wollten, daß ich zurecht komme.


Zitat:
Original von dian
Aber irgendwann wurde der Ruf zu laut. Ich konnte ihn nicht länger überhören, sondern musste mich mit dem, was ich eigentlich bin, auseinandersetzen.

Das war wie gesagt schon längst passiert, bei mir wurde dann halt mit 14 der Ruf laut, daß es so nicht weitergehen kann, meine Suche war immer noch erfolglos geblieben, ich hatte zwar immer mal wieder merkwürdig aussehende Gestalten gesehen (die waren ja zumindest auch irgendwie anders als der mir schon früh so verhaßte Rest), war aber auch immer zu schüchtern, um diese einfach mal anzuquatschen, um zu schaun, wie anders die wirklich waren. Ich konnte aber auch die Einsamkeit einfach nicht mehr länger ertragen, und für die fiktiven Freunde aus meinen Kindertagen, die mich wirklich richtig verstanden haben, war ich dann wohl doch mittlerweile zu alt. Ich versuchte also, mich doch noch einmal wenigstens optisch anzupassen, das hielt ich ein halbes Jahr aus, geändert hat das natürlich trotzdem nichts, da damit ja mein Charakter kein anderer wurde. Meine Autoaggressivtät samt Todeswunsch hatte schon mit Beginn der Grundschule eingesetzt, und als dieser letzte Anpassungsversuch gescheitert war, ich war mittlerweile 15, hatte ich endgültig die Schnauze voll von der unsinnigen Quälerei und keinerlei Hoffnung mehr, daß das jemals besser wird und ich mal Menschen finde, bei denen ich einfach ich sein darf, ohne mich ständig verstecken und rechtfertigen zu müssen oder nicht nur ignoriert, sondern richtig fertig gemacht zu werden. Die damals logische Konsequenz war also mein Selbstmordversuch. Dieser hat mich im Endeffekt befreit, denn danach hatte ich nichts mehr zu verlieren, da ich schon alles verloren hatte, also konnte ich ebensogut endlich nur noch das machen, was ich für richtig hielt, und wofür ich vorher immer viel zu ängstlich war, schlimmer konnte es ja eh nicht mehr werden.

Dieses leckt mich alle am Arsch habe ich dann auch optisch vollzogen, was dazu geführt hat, daß die große Masse noch aggressiver auf mich abgegangen ist, aber zeitgleich lernte ich auch meine damalige Clique kennen, denn die sammelte jeden ein, der irgendwie subkulturell angehaucht war, und in dieser fand ich endlich die lang gesuchten Menschen, bei denen ich ohne negative Konsequenzen ganz ich selbst sein durfte. Das war zum Glück eben keine homogene Gruppe mit festen Regeln, die einzige Gemeinsamkeit, die uns alle zusammenhielt war einfach, daß wir alle irgendwie mit dem Rest nicht klar kamen, und aus den unterschiedlichsten Subkulturen kamen. Da trafen teilweise auch Welten aufeinander z.B. was politische Anschauungen anging, aber trotzdem begegnete man sich mit einem Grundrespekt, der es möglich machte, trotz dieser Unterschiede den einzelnen Menschen voll und ganz zu akzeptieren mit seinen Eigenarten, das war trotz des weiterhin immer schlimmer werdenden Ärgers (meine Eltern kamen damit z.B. überhaupt nicht parat, und brauchten mehrere Jahre, um zu verstehen, daß ich das für mich und nicht gegen sie getan habe) eindeutig meine beste Zeit und aus dieser habe ich auch immer noch meine beste Freundin. Und bei einem so großen Angebot an unterschiedlichen Meinungen, Stilen, Musikrichtungen usw, konnte man für sich noch ne Menge finden, was sich ins bisherige Selbst integrieren ließ, anderes wurde als nicht brauchbar verworfen. Mein Faible für Subkulturen ist seit dieser Zeit jedenfalls ungebrochen, am liebsten mag ich es aber immer noch, wenn die lächerlichen Grenzen zwischen ihnen eingerissen werden können, denn dann hat man einfach so viel mehr Alternativen, und kann sich viel besser was ganz eigenes innerhalb dieser Gruppen basteln und sich von jeder das beste mitnehmen, und ich persönlich habe halt bei den Anarchopunx ne ganze Menge gefunden, was mir selbst entsprochen hat...
Und deswegen mag ich z.B. auch die Unity (und zieh sie meinem vorher gefundenen Punkrockforum vor), weil es hier nen Haufen merkwürdiger Gestalten gibt, die alle irgendwie anders als der große Rest sind und dabei trotzdem unterschiedlich, und damit bieten sich auch wieder mehr Möglichkeiten, schade nur, daß so viele schweigen (bei mir ist das ja eher ungewollt, kann halt nicht mehr wirklich sitzen), auch jetzt, wo die reinen Grabenkämpfe (*g* so anders als "die da draußen" sind dann halt doch nicht alle) endlich mal wieder aufgehört haben...


Zitat:
Original von dian
Kennt ihr sowas auch?
Dieses Gefühl, dass man irgendeine Art inneren Kompass hat, der einem den Weg weisen kann, und der einen auch sicher um so manche gefährliche Lebens-Klippe herumlotst?

Joar ich habe eindeutig einen Wegweiser, der sich auch immer nur bedingt lang teilunterdrücken läßt, nur leider lotst der mich eben nicht um die Lebensklippen herum, sondern fährt mich regelmäßig volle Kanne vor sie vor, etwas Glück gehört dann wohl auch noch dazu, und das geht mir seit jeher ab, also versuche ich trotz der ganzen Scheiße, die mich quält und gegen die ich einfach nichts machen kann, für mich selbst immer das beste rauszuholen, das ist meistens nicht viel, aber immerhin besser als gar nix...

HOFFNUNG IST DER IRRSINNIGE GLAUBE AN DAS UNMÖGLICHE
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Yog-Sothoth




12.03.2009 19:23 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Ich denke meine "Innere Weisung" hatte ich noch nie verloren (man hat sie ja von Anfang an), was wohl einerseits an meinem Dickschädel liegt, aber andererseits auch daran dass meine Eltern mir nur selten etwas verboten haben, ohne zu versuchen mir den Sinn des Verbots zu erklären; dadurch entsteht auch ein Widerwille, sich "falschen" Autoritäten und Dogmen zu unterwerfen. In der Schule hatte ich eigentlich immer halbwegs gute Noten, was auch daran lag dass ich es meist interessanter fand dem Unterricht zu folgen, statt auf andere Weise die Zeit tot zu schlagen, aber das hängt auch damit zusammen, wie gut ein Lehrer motivieren kann, und wofür man sich interessiert.
(ich war auch auf dem "alternativen" Gymnasium, statt auf dem "Elite-Gymnasium", das ist sicher auch nicht unwichtig ^^)

Zitat:
Denn innere Orientierung funktioniert nur in Gemeinschaft, im Kreis, in intensiver Begegnung mit Menschen, wo man miteinander teilen, sich beraten, voneinander lernen kann.

Bei dem Punkt muss ich wohl widersprechen; eine geeignete Gemeinschaft fördert zwar sehr stark die Motivation und kann sehr produktiv sein, allerdings ist es auch ohne direkten Austausch möglich. Ich weiß das, weil ich schon seit meiner Kindheit oft lieber die Zeit für mich selbst nutzte, als mit anderen etwas zu machen, man bei mir sogar autistische Züge vermutet (seit dem Ende der Schulzeit weiß ich soziale Kontakte aber durchaus zu schätzen ^^). Und wenn ich auf direkten Austausch angewisen wäre, dann wüsste ich sehr viele Dinge über Musik nicht, die ich mir autodidaktisch teils selbst hergeleitet habe, und teils durch Literatur / Internetseiten, letzteres aber nur selten ungeprüft.

...und harmonisch-melodische Zusammenhänge in der Musik zu verstehen gehört definitiv zu meiner "Inneren Weisung" (= "innere Orientierung"?), wenn man's so nennen will. ^^

Bei "nicht artgerechter Erziehung", die die "innere Weisung" verdrängt hat ist der direkte Austausch mit einer entsprechenden Gemeinschaft natürlich wichtig, das stimmt.
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Arne Reload



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13.03.2009 04:42 Diesen Beitrag einem Moderator melden Zum Anfang der Seite springen

Muss ich eigentlich ein sehr schlechtes Gewissen haben, wenn ich Menschen, deren innere Weisung denen eigentlich Saufen, anderen in die Fresse hauen und rumficken sagt, so umpole, dass sie das in einem Rahmen machen, der gesellschaftlich noch so gerade akzeptiert wird??? verwirrt
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