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Gedanken beim Training :D
21.03.2010 22:12 |
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Ich bin auf dem Weg zu meinem Fitnessstudio. Während die Bahn ihren Weg entlang rumpelt, sehe ich mich im Abteil um.
Nur Erwachsene. Ich bin ihnen fremd, genauso fremd wie sie alle sich untereinander. Ist das die Welt die sie wollen ?
Diese Welt ist von Erwachsenen gemacht. Aber wohl hauptsächlich von denen einer bestimmten Sorte.
Fühle mich in diesem Augenblick dieser Welt fremd.
Ich bin im Studio angekommen, mache meine Sätze.
Eins, zwei, drei...
Wieder nur Erwachsene.
Acht, neun, zehn.
Während ich mich entspanne schaue ich an mir herunter. Mein T-Shirt ist verschwitzt. Normalerweise stört es mich,
doch diesmal ist etwas anders. Ich sehe mich um.
Ich sehe lauter verschwitzte Menschen, ihre billigen Shirts kleben an ihren Körpern, ich sehe ausgelaufene Schuhe.
Ich werde mir meiner Oberflächlichkeit bewusst.
Und mir wird ebenfalls mal wieder bewusst, dass das kein Studio für die Reichen ist.
Die Kette meines Studios betreibt verschiedene Arten von Studios. Die mit den niedrigen Beiträgen, für das Volk.
Und die mit den hohen Beiträgen, für die Reichen.
Sehr schön! Die Kapitalisten haben sich selbst aus der Kundschaft meines Studios rausgewählt.
Eins, zwei, drei...
An wenigen Orten und Zeitpunkten hab ich mich in der Erwachsenenwelt so zuhause gefühlt wie hier und jetzt.
Acht, neun, zehn.
Wirksamer als mit hohen und niedrigen Beiträgen kann man kaum die Spreu vom Weizen trennen.
Und wir sind nicht die Spreu, denke ich mir.
Wirksamer kann man kaum die entlarven, die durch gespielte Volksnähe immer zu verhindern versuchen,
als Oberschichtler diffamiert zu werden.
In diesem Fall ist es ihnen vermutlich egal, sie sind ja im anderen Studio, dass sich in Sichtweite befindet,
unter sich.
Doch sie sollten sich vorsehen.
Im alten Rom hat ein Senator vorgeschlagen, man sollte alle Sklaven mit einem weissen Armband versehen,
um sie besser erkennen zu können.
„Nein, sagte ein weiser Senator, „Wenn sie sehen wie viele sie sind, dann gibt es einen Aufstand gegen uns."
Eins, zwei, drei...
Meine Playlist ist durch.
Acht, neun, zehn.
Ich will mir, wo ich schon dabei bin, Inspiration holen.
Mache also Setzt die Erde in Brand an, versuche mich auf den Text zu konzentrieren.
Mein Blick schweift zu einem der Monitore, wo man gerade ein paar schöne Mädchen zu irgendeiner Musik tanzen sieht.
Unterhaltung für die Unterschicht, Panem et Circenses. Ich kann mir den Besitzer des Medienkonzerns gut im Studio
der Gut-betuchten vorstellen.
Während ich den Mädchen im Fernsehen zusehe, schweifen meine Gedanken ab. Die Melodie des revolutionär-wirkenden Liedes
rutscht an den Rand meiner Wahrnehmung.
Als sie vollkommen verstummt schrecke ich auf, bin demselben faulen Zauber erlegen, in diesem Maß nicht schlimm,
trotzdem ein ekliges Gefühl, starte das Lied von neuem.
Ich verlasse das Studio, laufe nach Hause.
Auf dem Weg treffe ich ein paar Kläffer, meine Generation.
Von der Sorte die gerne mal herumpöbelt, auch mal mit Gewalt.
Traurig, denke ich mir, trifft es doch meist Angehörige derselben Schicht wie sie, das Volk,
die Sklaven, die MTV-Zielgruppe, sie hat verschiedene Bezeichnungen, die sie mal mehr mal weniger gut umfassen.
Zuhause angekommen schiebe ich mir mein (Proleten-)Essen in die Mikrowelle.
Das ist kein befriedigendes Ende, perfekt, weder befriedigend, noch Ende in Sicht.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
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Wie findet Ihr das ?
Freue mich über Feedback, ist eine großteils wahre geschichte
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
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Ich weis nicht warum, aber das ist für mich einer der besten Texte in diesem Forum!
Mir gefällt die Leichtigkeit mit der du deine Geschichte erzählst, ohne dabei versuchen zu wollen etwas besonderes daraus zu machen, oder jemand anderes darzustellen. So als würdest du deine Gedanken ohne Umwege zu Papier bringen. Außerdem finde ich mich in deiner Situation selbst gut wieder, wenn ich mal wieder meinen blick über das geschehen der Menschen um mich herrum schweifen lasse und mir denke wie absurd das alles wirkt. Die scheinen alle so vertieft in dem was sie machen zu sein, das sie selbst nicht mitkriegen was um sie herrum geschieht. Mein Blick wandert dann direkt in ihre gehetzten strapazierten Gesichter und sticht in ihre trostlosen Augen. Die meisten ertragen längeren Blickkontakt aber scheinbar nicht und wenden sich direkt ab oder wechseln sogar die Straßenseite. Auch sehe ich so gut wie nie jemanden herzlich Lachen oder das jemand Freude oder ähnliches ausstraht, ich beobachte einfach gerne meine Mitmenschen obwohl sie alle gleich reagieren wird es nie langweilig, gut zu wissen das ich nicht der einzige Beobachter da draußen bin.
PS: Setzt Die Erde In Brand befindet sich übrigens auch auf meinem MP3.
Ich lehne die Grundübereinkunft des Gemeinwesens ab, insbesondere die Überbewertung von Besitz.
“All authority of any kind, especially in the field of thought and understanding, is the most destructive, evil thing. Leaders destroy the followers and followers destroy the leaders. You have to be your own teacher and your own disciple. You have to question everything that man has accepted as valuable, as necessary.”
„Warum siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge bemerkst du nicht?“
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Ich kann da shinobi nur zustimmen.
Der Text ist Klasse.
Ich kann gerade auch gar nicht analysieren, was an dem besser ist als wie an anderen Texten, aber ich denke, es ist irgendwie eine Situation, in der man sich sofort wiederfindet. Das ist nicht mit Gefühlsschmu überlastet, sondern knapp und präözise alles dargestellt, was man in dem Moment erlebt und auch ohne große Gefühlswallungen und Sentimentalität würd einem klar, was man in den Momenten empfindet.
Sind ein paar Komma-Fehler drin, wenn Dich das interessiert, aber die behindern das Lesen kaum.
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Ja, einer der wenigen literarischen Texte hier, die Spass machen beim Lesen.
"Do you believe in free will?" "I have no choice."
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